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»Wir haben eine Stimme auf der Bühne der Welt«
29.Dezember 2022 | Beiträge – jüdisches berlin | Israel, Gesellschaft
Ein Vortrag des israelischen Botschafters Prof. Dr. Ron Prosor über die Haltung der UNO gegenüber Israel
Dass die hartgesottenen Personenschützer des LKA bei Reden ihrer Schutzpersonen schmunzeln, kommt praktisch nie vor. Aber dem Humor von Israels neuem Botschafter Ron Prosor konnten sich auch dessen eigene Begleiter nicht entziehen, wie man ihren Mienen ansah. Die über 100 Zuhörer im Großen Saal des Jüdischen Gemeindehauses ohnehin nicht.
Dabei war es ein ernstes Thema, zu dem Prosor just am 29. November, dem 75. Jahrestag der Verabschiedung des Palästina-Teilungsplans in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, auf Einladung der DIG Berlin-Brandenburg sprach. Es war der »Zeugungstag« des Staates Israel, wie der Vorsitzende Jochen Feilcke in seiner Begrüßung sagte. Doch das blieb das einzige Mal, dass Israel über einen UN-Beschluss jubeln konnte. Seither gab es bei den Vereinten Nationen nur noch ein »Hass- und Bashing-Festival gegen Israel«, wie Ron Prosor es Ende 2014 in einer aufsehenerregenden und wütenden Rede in der Generalversammlung genannt hatte. Er war damals dort Botschafter.
Jetzt listete der inzwischen 64 Jahre alte Diplomat auf: Im Jahr 2021 gab es 14 gegen Israel gerichtete Resolutionen, aber nur fünf, die andere Staaten insgesamt verurteilten. Und zwar Syrien, Iran, und Nordkorea. Ähnlich in diesem Jahr: Bisher 16 israelfeindliche Beschlüsse, nur sieben gegen andere Staaten, darunter den Ukraine-Aggressor Russland. Und so weiter. Es gibt eine Hilfsorganisation für alle Flüchtlinge der Welt, das UNHCR – und eine weitere nur für palästinensische Flüchtlinge, die UNRWA, über die viel Geld bei der Hamas landet. »Es ist mir völlig unverständlich, dass die USA und Europa das weitermachen«.
Das Problem in den Vereinten Nationen seien nicht die »bösen« Staaten und die Feinde Israels, sagte Prosor. Das Problem seien die Gedankenlosen. Vor allem die Europäer. Auch hier knüpfte Prosor an seine damalige Rede an und wiederholte: »J’accuse«. Ich klage an. Immerhin, bei der Ampel-Regierung sieht der Vertreter Israels in Berlin jetzt Veränderungen, zumindest was die Haltung zum Iran angeht. »Angesichts der aktuellen Ereignisse versteht man jetzt offenbar, dass alle Versuche, das Regime irgendwie zu erklären, nichts taugen«. Die Sanktionspolitik gegen Teheran sei »hervorragend«. Nun müsse man sich auch noch von der Idee verabschieden, mit den Mullahs ein Atomabkommen zu verhandeln.
Unter den Zuhörern waren neben vielen DIG-Mitgliedern auch die Vorstandsmitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Dr. Gideon Joffe – der ein Grußwort hielt – und die Kulturdezernentin Sara Nachama, sowie Überlebende der Schoa. Sie erlebten einen in zumeist perfektem Deutsch gehaltenen Vortrag voller Ironie, beißendem Sarkasmus – und Witz. Denn nur mit Humor kann man die Anfeindungen ertragen, sagte Prosor. Und sie manchmal auch kontern. Als einmal vor einem UN-Gremium eine Kommission zur Lage in Gaza berichtete und feststellte, man habe nicht
herausfinden können, wozu die Tunnel da seien, habe er die Rednerin, eine Schwedin, unterbrochen: »Wahrscheinlich bauen sie dort eine U-Bahn. Ich war mal Botschafter in London. Deshalb kann ich nur raten: Mind the gap«. Sein Witz, so hätten ihm Kollegen bestätigt, habe die Wirkung des Vortrages regelrecht ausgehebelt.
Man könne auch als Vertreter Israels etwas bewegen in den Vereinten Nationen, sagte Prosor. Durch enge persönliche Kontakte und indem man gegenüber kleinen Staaten Respekt zeige. »Das ist unheimlich wichtig«. Immerhin sei es Israel im Lauf der Jahre mehrfach gelungen, eigene Resolutionen zu initiieren und durchzubekommen. Nämlich zu Themen, wo das Land der Welt unbestritten etwas zu geben und zu sagen habe. Zum Beispiel zur Entwicklung der Landwirtschaft. Er selbst habe mit Erfolg als einer der stellvertretenden Präsidenten der Generalversammlung kandidiert. »Wir haben eine Stimme auf der Bühne der Welt«, schloss Prosor seinen Vortrag. »Wir können zeigen, wie wir zu einer besseren Welt beitragen.«.
Werner Kolhoff,
für die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin/Brandenburg
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