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Wer hat Lust Bikinis zu häkeln?
02.Mai 2011 | Beiträge – jüdisches berlin | Aktivitäten
In der Lichtburg-Stiftung planen Jungdesignerinnen die Itzi-Bitzi-Strandkollektion, hergestellt von deutschen, türkischen oder/und jüdischen Häkelmeisterinnen
Ein uralter Häkelbikini stand am Anfang der Geschäftsidee von Eva Swoboda und Anna Berger. »Der Zweiteiler aus den Siebziger Jahren gefiel uns so gut, dass wir ihn nacharbeiten wollten«, erzählt Anna. Damit war der so genannte »Itzi-Bitzi-Bikini« in der Version des 21. Jahrhunderts geboren. Der Start vor zwei Jahren verlief dermaßen erfolgreich, dass die Jungdesignerinnen für den Sommer 2012 eine komplette Bademoden-Kollektion auf den Laufsteg schicken werden und dafür wieder häkelkundige Frauen suchen.
Anna Berger, Kommunikationsdesignerin, und Eva Swoboda, Bühnenbildnerin, konnten 2008 ihr erstes Bikiniprojekt an der Kunsthochschule Weißensee verwirklichen. Die häkeltechnisch völlig unerfahrenen Studentinnen hatten die Idee, Damen anzuheuern, die aus dem Effeff mit Nadel und Garn umgehen konnten. Inzwischen haben die jungen Frauen ihr Studium abgeschlossen. Ein Businessplan steht bereits für das Modelabel in Gründung. Der Prototyp eines Einteilers und Strandtaschen werden entworfen. Doch im Zentrum steht nach wie vor der Badeanzug, der seinen klingenden Namen von einem deutschen Schlager hat, mit dem Caterina Valente 1960 die Hitparade stürmte: »Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini«.
Das klassische Topflappengarn erwies sich als nicht mehr zeitgemäß, seit es die Unterscheidung zwischen Sonnenbikini und Schwimmanzug nicht mehr gibt. Und dickes Baumwollgarn macht einen sexy Bikini nach dem Bad unweigerlich zum nassen Lappen. Eine Firma in Süddeutschland stellt nun ein Spezialgarn her, das ursprünglich aus der Heimtextilbranche stammt. Es ist eine glänzende Kunstfaser, die auch ein Bad nicht übel nimmt. Zunächst häkelten 15 Damen aus Köpenick an den Bikinis. In der jetzigen Entwurfsphase schrumpfte die Produktionsabteilung auf vier Häkel-Fachfrauen.
Derzeit nutzen die beiden in der Weddinger Lichtburg-Stiftung, dem deutsch-türkisch-jüdischen Kiezprojekt für Kultur und soziales Engagement, ein Atelier. »Wir haben Kontakt zur türkischen Gemeinde geknüpft, denn Türkinnen können ganz hervorragend häkeln«, berichtet Eva Swoboda. Nun erhoffen sie sich Verstärkung auch aus der Jüdischen Gemeinde, vielleicht durch ältere Damen aus dem Zuwandererkreis. Das Itzi-Bitzi-Projekt soll nicht nur rein kommerziell sein. Wie in der Hochschule gelernt, wollen die Strandmodemacherinnen die spezielle Situation vor Ort nutzen. »Wir können keine hohen Löhne zahlen. Also müssten wir entweder in China arbeiten lassen, was uns nicht gefällt. Oder wir nutzen die Situation vor der Haustür. Hier gibt es genügend Frauen, die Lust zum Häkeln haben und sich ein Taschengeld verdienen möchten, so wie unsere Seniorinnen.«
Mit der Zeit wuchsen die häkelnden Produzentinnen und die Designerinnen zu einem Team zusammen. Beide Seiten profitieren von den Itzi Bitzis: Die Damen freuen sich auf die gemeinsamen Arbeitsnachmittage mit Kaffee, Kuchen und Plauderei. Fachliche Herausforderungen lösen sie mit Elan und jede findet ihre Aufgabe: Einige häkeln am liebsten nach Vorlage, andere engagieren sich beim Schnittzeichnen. Die Krönung ihrer Kreativität ist ein echtes Goldstück: Eine goldfarbene Herrenbadehose nach dem Schnitt der altbewährten Doppelrippunterhose.
Soziologisch war die Anfangsphase spannend, weil die Ladys weniger um des Geldes willen häkelten, sondern beglückt waren, ihre Kulturtechnik, für die sich seit Jahrzehnten niemand mehr interessiert hatte, wieder einsetzen konnten. »Daran möchten wir anknüpfen«, sagt Eva Swoboda voller Hoffnung. »Jetzt suchen wir wieder Damen, die häkeltechnische Kenntnisse und Lust haben, in der Gruppe an unserem Projekt mitzuarbeiten«. Wenn im Sommer die Kollektion auf der Fashionweek Anklang findet, werden bald viele häkelnde Hände benötigt. Wer Lust hat, kann sich unter der Nummer 44 031 550 oder per E-mail unter buero@itzi-bitzi-bikinis.de nach den Einzelheiten erkundigen.
Judith Meisner
jüdisches berlin
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