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»Wer die Kinder hat, hat die Zukunft«
01.Mai 2010 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde, Jugend
Im April wurde die sanierte Gemeindekindertagesstätte in der Delbrückstraße wiedereingeweiht
»Der jüdische Kindergarten ist die Basis des jüdischen Bildungswesens…«, schrieb der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik 1996 in der Broschüre zur Geschichte des Jüdischen Kindergartens in Berlin. Wer wollte dem widersprechen? Die Bildungsinstitutionen der jüdischen Gemeinden sind heute mehr denn je gefragt, ein sicheres Fundament für jüdische Identität, die Basis für beständiges jüdisches Leben in Deutschland, zu schaffen. Damit dieses Leben gedeihen kann, braucht es engagierte und gut ausgebildete PädagogInnen sowie Räumlichkeiten, in denen die Kinder sich wohl fühlen – einen Ort, dessen Atmosphäre auch Jahre später noch sehnsüchtig Erinnerungen an eine glückliche Zeit wachruft. Die idyllisch am Hubertussee gelegene Kindertagesstätte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin im Westen der Stadt kann ab sofort für jüdische Kinder wieder ein zweites Zuhause werden.
Passend zu den ersten sonnigen Frühjahrsgrüßen konnte am 12. April der Kindergarten wieder eingeweiht werden, nachdem acht Monate lang Bagger und Zementmischer, Fliesenleger, Maurer, Zimmerer und Maler die Szenerie bestimmt hatten. Der Baulärm kann endlich durch fröhliches Kinderlachen ersetzt werden. In hellen Pastelltönen strahlt die frisch sanierte Kindertagesstätte der Jüdischen Gemeinde in der Delbrückstraße. Nicht nur äußerlich präsentiert sich der Kindergarten fortan farbig, auch im Inneren ist es bunt geworden. Den Überblick verliert man trotzdem nicht, denn bunte Farbkreise vor den Gruppenräumen verweisen jeweils auf die Farbe im Gruppenraum und erleichtern somit auch den ganz Kleinen die Orientierung. Doch die farbigen Details gehören eher zu den schönen Nebeneffekten der Sanierungsarbeiten. Das fast 40 Jahre alte Gebäude – neben dem Gemeindehaus in der Fasanenstraße der erste Neubau der Gemeinde nach dem Krieg – galt als dringend sanierungsbedürftig. Mit Hilfe der umfangreichen Mittel, die die Bundesregierung im Konjunkturprogramm II zur Verfügung gestellt hat, und mit Eigenmitteln der Gemeinde konnte eine umfassende Sanierung durchgeführt werden. Das Gebäude wurde energetisch auf den aktuellsten Stand gebracht und damit eine Grundlage für zukünftige Energieeinsparungen geschaffen. Die Erhaltung der Grundsubstanz einerseits und eine Gebäude-Aufstockung andererseits waren weitere wichtige Ziele der Baumaßnahme. Durch die Aufstockung wird es jetzt zum ersten Mal einen Personalraum geben. Außerdem wurden die sanitären Anlagen modernisiert, die teilweise noch aus den 70er Jahren stammten. Auch hier leuchten Sonnenfarben – warmes Gelb und Orange. Um alle diese umfangreichen Bauarbeiten in möglichst kurzer Zeit zu bewältigen, arbeiteten teilweise 18 Gewerke gleichzeitig auf dem Gelände, waren 250 Handwerker – oftmals auch am Wochenende – im Einsatz.
Der Tag der Einweihung der sanierten Kindertagesstätte fiel auf den 28. Nissan 5770, den Jom Haschoa, an dem der Opfer der Schoa gedacht wird und der Gefallenen des Aufstandes im Warschauer Ghetto. Die Zeremonie der Wiedereinweihung begann dementsprechend mit dem El Male Rachamin und dem Kaddisch. Die Gemeindevorsitzende Lala Süsskind wies im Anschluss daran in ihrer Begrüßungsrede darauf hin, dass der Kindergarten ein wunderbares Zeichen dafür sei, dass jüdisches Leben in Deutschland trotz der Schoa wieder aufgebaut werden konnte. Auch Bildungssenator Jürgen Zöllner sagte: »Ich bin zutiefst dankbar darüber, dass wir an diesem besonderen Tag in Berlin den Kindergarten der Jüdischen Gemeinde wieder einweihen können«.
Damals wie heute leistet der Kindergarten eine unerlässliche, vorbildliche Integration unserer Kinder in die Gemeinde und die Gesellschaft. Besuchten nach seiner Gründung hauptsächlich Kinder der so genannten Displaced Persons den Kindergarten, so bilden heute die Kinder der russischsprachigen Immigranten die Mehrheit. In beiden Fällen wurde im Kindergarten die Grundlage für eine erfolgreiche schulische Bildung gelegt. Wozu die Kleinen fähig sind, konnten die Gäste eindrucksvoll im Anschluss an die Reden miterleben. Acht Mädchen und Jungen sangen Beethovens »Ode an die Freude« in Deutsch und Hebräisch. Eine bessere Demonstration, wofür ein jüdischer Kindergarten in Deutschland heute steht, kann man sich nicht denken.
Sandra Anusiewicz-Baer
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