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Warum feiern wir Sukkot nicht im Frühling?
01.September 2021 | Beiträge – jüdisches berlin | Feiertage
Gedanken zum Laubhüttenfest von Gemeinderabbiner Yitshak Ehrenberg
Wie Pessach erinnert auch das Sukkotfest an den Auszug aus Ägypten. So heißt es in der Tora: »In Sukkot (Laubhütten) sollt ihr sitzen sieben Tage, alle Einwohner Israels sollen in Sukkot sitzen, damit eure Nachkommen wissen, dass ich die Kinder Israels in Sukkot wohnen ließ, als ich sie aus Ägypten herausführte. (Wajikra 23:42-43).
Man erzählt von einem bedeutenden Rosch Jeschiwa, der an einem eisigen Wintertag bei einem reichen Juden an die Tür klopfte, um nach einer Spende zu fragen. Als der Reiche ihm öffnete und ihn in seine Stube hereinbat, sagte der Rosch Jeschiwa: »Ich bitte dich, lasst uns draußen einen kleinen Spaziergang machen, bevor ich in dein Haus komme«. Aus Höflichkeit schlug ihm der Reiche diesen Wunsch nicht ab. Er nahm seinen Mantel und sie gingen los. Unterwegs im Schnee erzählte der Rosch Jeschiwa von der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Jeschiwa: Sie haben hohe Schulden und es fehlt sogar das Geld um Feuerholz für das Lehrhaus zu kaufen. Daher lernen die Schüler bei klirrender Kälte. Der Reiche fühlte sein Herz von Erbarmen bewegt und versprach großzügig für die Beheizung des Lehrhauses zu spenden. Als beide zurückkehrten und sich bei einem heißem Tee wieder aufwärmten, fragte der Reiche, warum sie bei dieser fürchterlichen Kälte spazieren waren? Hätte man nicht alles in der warmen Stube besprechen können? Da sagte ihm der Rosch Jeschiwa: »Ich wollte, dass du dich in die Lage der Schüler hineinversetzen kannst und etwas von ihrem Leid selbst empfindest.«
In dem obigen Vers heißt es: »בסוכות תשבו – Ba‘sukkot Teschwu – in Sukkot sollt ihr sitzen«. Dazu sagen unsere Weisen sel. A.: »Teschwu« (sollt ihr sitzen) meint eine Form von Wohnen. Daher hat man gesagt, dass der Mensch seine Sukka die sieben Tage zum Festwohnsitz machen soll, während er sein Haus nur vorübergehend bewohnt. Wie bewohnt man die Sukka? Man bringt schönes Essgeschirr und schöne Bettwäsche in die Sukka. Man isst und trinkt, hält sich in der Sukka auf und lernt in ihr. »Sitzen« als »Wohnen« meint, dass der Jude aus seinem Haus zieht, um die Sukka sieben Tage und Nächte lang zu bewohnen (Talmud Massechet Sukka 28b).
Leider sind hier in Berlin die Möglichkeiten, die Mizwa von Sukka zu erfüllen, sehr beschränkt. Meist geht es gar nicht, eine Sukka im Hof zu bauen. Dann kommt man in die Synagoge, um am Schabbat eine halbe Stunde in der Sukka zu sitzen – und das ist dann alles. Doch das ist nicht, was unsere Tora mit der Mizwa von Sukka meint. Die Tora meint »Wohnen«. Es ist daher sieben Tage lang nicht erlaubt, eine Mahlzeit außerhalb der Sukka einzunehmen. Man empfängt Gäste in der Sukka, man spielt mit den Kindern in der Sukka und man lernt und schläft alle sieben Tage in ihr. Es ist verboten, außerhalb der Sukka zu schlafen. Wir wohnen also alle sieben Tage lang richtig in der Sukka.
Wozu dieser Umzug in die Sukka gerade im Herbst? Warum gehen wir nicht bei Frühlingswetter zu Pessach in die Sukka, essen dort Mazza, erzählen vom Auszug aus Ägypten und lesen auch die Haggada in der Laubhütte?
Einer der wesentlichen Gründe ist der soziale Aspekt. Sukkot ist »Sman Simchatejnu« – die Zeit unserer Freude. Sukkot ist auch »Chag Ha‘assif«, die Zeit des Einbringens der Ernte. Die Lebensmittelspeicher sind voll von guten Dingen, es gibt Weizen, Most und Öl. Daher ist der Mensch in dieser Zeit sehr froh. Aber nicht alle sind glücklich. Es gibt auch Arme, die Mangel leiden, die vielleicht noch nicht einmal ihr Heim beheizen können. Gerade zu einer solchen Zeit fordert die Tora von uns, an die Armen denken. Im Herbst, wenn es kälter wird, schickt uns die Tora für eine ganze Woche nach draußen, damit wir ein Gefühl für diejenigen entwickeln, die es nicht so warm und gemütlich haben. Diese besondere Zeit nach Rosch HaSchana und Jom Kippur erinnert uns an die Pflicht der Armenfürsorge.
Ich wünsche allen Gemeindemitgliedern und dem ganzen Volk Israel Chag Sukkot Sameach und ein gutes und gesundes neues Jahr.
jüdisches berlin
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