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»Süß ist der Schlaf des Arbeiters«
01.März 2012 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde
Die Jüdische Gemeinde präsentiert ihre drei alten Friedhöfe jetzt auch online und hat dazu zwei neue Friedhofsführer sowie ein Buch mit Grabinschriften herausgegeben
Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, auf Initiative des Geschäftsführers der Gemeinde, André Lossin, des Vorstandes und der Berliner Denkmalpflege sowie mit der fachlichen Unterstützung der Firma Hortec wurde für die drei Jüdischen Friedhöfe Weißensee, Schönhauser Allee und Große Hamburger Straße ein elektronisches Leitsystem entwickelt. Die vielen Tausend Besucher unserer Friedhöfe sollen damit besser geführt werden und auf eine neue Art und Weise mit der 340-jährigen Geschichte des Berliner Judentums vertraut gemacht werden.
Für Smartphones kann unter www.juedische-friedhoefe-berlin.mobi oder www.juedische-friedhoefe-berlin.de nun ein »elektronischer Rundgang« heruntergeladen werden. Das Smartphone wird mit dem GPS-Ortungssystem verbunden und führt damit die Besucher/innen zu ausgewählten Gräbern. Die einzelnen Grabstätten sowie die dazugehörigen Erklärungen – gefiltert nach prominenten oder architektonisch interessanten Grabmälern – lassen sich dann anwählen, so beispielsweise zur Grabplatte für Gumpericht Jechiel Aschkenasi, dem 1701 als ersten an der Großen Hamburger Straße beigesetzten Juden. Zusätzlich kann auf der Webseite ein Faltblatt zum jeweiligen Friedhof heruntergeladen werden.
Auf eine gedruckte Ausgabe sollte trotzdem nicht verzichtet werden. Daher wurden Guides in deutscher und englischer Sprache herausgegeben. Die beiden Ringbücher, in strapazierfähigem Einband, mit ausklappbarer Karte im Buchdeckel, enthalten jeweils einen Abriss zur Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Berlin seit dem Ende des 13. Jahrhunderts, bevor der Rundgang zu ausgewählten Grabstätten beginnt. Im Fall des Friedhofs Schönhauser Allee sind es 60 Objekte und in Weißensee 81 Objekte. Sie wurden von den Autoren – Wolfgang Gottschalk, Regina Borgmann, Jörg Kuhn und Fiona Laudamus – ausgesucht, entweder wegen ihrer außergewöhnlichen Gestaltung oder der besonderen Geschichte der hier Ruhenden. Vorgestellt werden so anhand ihrer Grabmäler beispielsweise der Schriftsteller Theodor Wolff (1868–1943), der Philosoph Hermann Cohen (1842–1918), der Informatiker Joseph Weizenbaum (1923–2008) und neun russische Soldaten, die als Kriegsgefangene nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin starben. Für den Friedhof Schönhauser Allee sind das unter anderem das Jugendstilgrabmal des Tapetenfabrikanten Adolph Burchardt (1823–1900) und das Grab der Frauenrechtlerin Josephine Levy-Rathenau (1877–1921), einer Kusine des deutschen Außenministers Walther Rathenau, die als Begründerin der Berufsberatung für Frauen gilt.
Ein drittes Büchlein »Hier ruht in G‘tt…« versammelt bemerkenswerte Grabinschriften aus Weißensee, die Regina Borgmann gesammelt hat – von »Süß ist der Schlaf des Arbeiters« (Louis Hammerstein, 1854–1928) über »Im blühenden Alter von 32 Jahren als Opfer ihrer Muttersehnsucht u. menschlicher Unzulänglichkeit« (Rose Sernau, 1888–1920) bis »Ich bin stolz ein Jude zu sein« (Salo Schindler, 1880–1940).
Nehmen Sie die Bücher bei Ihrem nächsten Besuch mit oder probieren Sie das Leitsystem einfach mal aus. Es lohnt sich.
Judith Kessler
_»Der Jüdische Friedhof Weißensee, Berlin. Ein Rundgang zu ausgewählten Grabstätten«. Jüdische Gemeinde zu Berlin (Hg.), Berlin 2011, 110 S., illustriert, 9,-
_»Der Jüdische Friedhof Schönhauser Allee, Berlin. Ein Rundgang zu ausgewählten Grabstätten«. Jüdische Gemeinde zu Berlin (Hg.), Berlin 2011, 86 S., illustriert, 6,-
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