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»Start here – go anywhere«
01.April 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Jugend
Das jüdische Touro College Berlin feiert sein 10-jähriges Bestehen: Brücke zwischen europäischen Studierenden und den USA
Wenige der jungen Leute, die am ersten Semestertag die schwere Metalltür aufstoßen, wissen, dass die Gebäude, in denen sie in den kommenden Jahren zum »Bachelor of Arts in Management« oder einen »Bachelor of Science in Business Management and Administration« ausgebildet werden, Geschichte repräsentieren: ein Stück Berliner jüdische Wirtschaftsgeschichte des letzten Jahrhunderts, denn das Anwesen gehörte der Familie von Paul Lindemann, einem erfolgreichen jüdischen Eigentümer einer Warenhauskette, mit welcher die Rudolph Karstadt A.G. im Jahre 1928 fusionierte und ihn zum Vorstandsmitglied ernannte.
Der renommierte Bauhausarchitekt Bruno Paul errichtete 1929 in Lindemanns Auftrag das Haus Am Rupenhorn, in dem heute das Touro College Berlin neben Bachelorprogrammen in Management auch ein Masterprogramm in Business Administration und einen Master of Arts in Holocaust Communication and Tolerance anbietet. Englisch ist die vorherrschende Sprache auf dem Campus. Neben deutschen Abschlüssen kann das College auch amerikanische Abschlüsse verleihen.
Nach der nationalsozialistischen »Machtübernahme« 1933 musste Paul Lindemann die Bauhausvilla zwangsverkaufen und mit seiner Familie emigrieren, zunächst nach Italien und später dann nach Übersee. Heute erinnert das Touro College mit einer Gedenktafel und einer Buchveröffentlichung an die ehemaligen jüdischen Besitzer und an die wechselvolle Geschichte des Hauses Am Rupenhorn.
Das Touro College Berlin übernahm im Jahre 2003 das Anwesen, wobei das Touro College in New York Pate für die Errichtung des ersten jüdisch-amerikanischen Colleges in Deutschland stand. Sein Gründer und langjähriger Präsident, Rabbiner Dr. Bernhard Lander, war dem Haus in Berlin stets eng verbunden und sah in ihm nicht nur eine Brücke für Juden aus der ehemaligen Sowjetunion in die USA, sondern auch ein Haus der offenen Begegnung. Heute lernen mehr als 140 Studierende aus aller Welt in der landschaftlichen Idylle auf dem Campus in Berlin-Charlottenburg. Die internationale Studentenschaft umfasst mehr als 20 Nationalitäten, ca. 60 % sind jüdischer Abstammung.
Das Touro College Berlin wird im Juni 2013 sein 10-jähriges Bestehen mit einem Festakt feierlich begehen. »Besonders stolz sind wir«, so Sara Nachama, Rektorin der Hochschule, »dass wir seit November 2012 als erstes jüdisch-amerikanisches College die deutsche institutionelle Akkreditierung verliehen bekommen haben und unser College als Bereicherung der Berliner Hochschullandschaft lobend erwähnt wurde. Damit haben wir die Anerkennung unserer Lehre in Deutschland und den USA, die besonders auf unseren hochqualifizierten internationalen Lehrkörper zurückzuführen ist, auf höchster Ebene bestätigt bekommen.«
Bei einem genauen Blick auf die Module der Studiengänge wird dann auch deutlich, dass die jüdische Gegenwart und Geschichte den gegenwärtigen Studienbetrieb nicht unbeeinflusst lassen. Kurse wie »The Holocaust«, »Jewish Art« oder »Elementary Hebrew« sind selbstverständlicher Bestandteil der Business-Studiengänge. Auch die jüdischen Wurzeln ihrer Alma Mater finden sich im Angebot der Studienprogramme wieder und werden von den Studierenden gerne angenommen.
Das Touro-Netzwerk ist global ausgelegt und erstreckt sich mit weiteren Hochschulstandorten von Moskau über Jerusalem und Paris bis nach New York. Ein Auslandssemester in New York oder Moskau können Studierende ohne Zeitverlust ihrer Mindeststudiendauer annehmen, da an den anderen Standorten der gleiche Syllabus angeboten wird wie in Berlin. Zudem setzt das College auf kleine Studiengruppen und individuelle Betreuung. Der Erfolg seiner Alumni gibt ihm damit recht.
Die Karriereperspektiven von Touro-Absolventen sind vielfältig. Ehemalige Studierende finden sich in renommierten Master- und Doktorandenprogrammen an öffentlichen Universitäten in Deutschland, dem europäischen Ausland und den USA wieder. Die Liste von Arbeitgebern ihrer Management-Alumni ist lang und liest sich wie das Who is Who der internationalen Wirtschaftsunternehmen, u. a. Adidas, Daimler, Sauber-Motorsport, Air Berlin und Dresdner Kleinwort. Kristina, die 2009 ihren Abschluss am Touro College Berlin machte, wurde als einzige Deutsche in das anerkannte FIFA-Masterprogramm in Zürich aufgenommen und ist mittlerweile als Eventmanagerin in der Formel 1 tätig. Ebenso führten innovative Ideen ihrer Ehemaligen zu erfolgreichen Geschäftsgründungen. Hans und Jacob haben neuartige iPhone-Schutzhüllen mit Swarovski-Kristallen kreiert, die mittlerweile weltweit vertrieben werden, und Yi nutzt ihren Management-Abschluss, um chinesische Investoren an europäische Firmen zu vermitteln.
Dass es sich beim Touro College Berlin nicht nur um eine Wirtschaftshochschule handelt, ist aber spätestens dann klar, wenn man unter den Studiengängen auch den »Master of Arts in Holocaust Studies and Tolerance« entdeckt. Das Curriculum, das für Arbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Schoa und seiner Vermittlung in Museen, Gedenkstätten und Bildungseinrichtungen qualifiziert, ist gerade jetzt von besonderem Interesse, da die Menschen, die noch als direkte Zeitzeugen in Schulen und bei Vorträgen Ansprechpartner waren, weniger werden.
Einen Einblick in dieses Studienprogramm bietet in diesem Jahr zum ersten Mal ein Holocaust Studies Summer Program, in dem die verschiedenen Facetten der Geschichte des Holocaust beleuchtet werden. Es wird die Geschichte der Juden in Berlin und Deutschland vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg beleuchtet. Bachelor- und Masterstudierende können in einer vierwöchigen Sommerakademie vom 23. Juni bis 19. Juli sechs amerikanische Credits bzw. zehn ECTS erlangen. Neben Besuchen von historischen Stätten, jüdischen Institutionen, Vorlesungen und Gesprächen mit Zeitzeugen bringen namhafte Professoren den Teilnehmern die Thematik nahe. Anmeldungen zur Sommerakademie werden noch angenommen.
»Die deutsche Akkreditierung stellt für die Entwicklung unseres Colleges einen weiteren Meilenstein dar«, so Sara Nachama. »Wir können nun unsere Studienprogramme weiter ausbauen und haben ab dem Herbstsemester u. a. Bachelorprogramme in Psychologie, Soziologie und Politikwissenschaften geplant. Wie bei unseren anderen Programmen können auch hier Studierende ein Auslandssemester auf einem Touro College Campus in New York oder Moskau wahrnehmen. Zudem können sie mit unseren angebotenen Doppelabschlüssen sichergehen, dass ihnen bei Arbeitgebern weltweit die Türen offenstehen, getreu unserem Motto ›Start here – go anywhere‹«.
Noa Lerner/Cornelia Mueller
Touro College Berlin, Am Rupenhorn 5, 14055 Berlin, Telefon 300 686 0, www.touroberlin.de
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