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Sei jüdisch, sei Limmud, sei Berlin!

01.November 2010 | Beiträge – jüdisches berlin | Aktivitäten

Judith Kessler sprach mit Limmud.de-Programmdirektorin Julia Itin über jüdisches Lernen und den »Limmud-Tag Berlin« am 7. November im Jüdischen Gemeindehaus

Julia, Limmud ist zwar schon seit Jahren auch in Deutschland angekommen und den meisten Lesern bekannt. Kannst Du bitte dennoch in wenigen Worten »Limmud« erklären?
Limmud wurde vor 30 Jahren in England von ein paar Enthusiasten gegründet und wollte auf ehrenamtlicher Basis den Versuch wagen, eingefahrene Gemeindestrukturen zu lockern und den jüdischen Bildungseinrichtungen etwas Neues anzubieten. Die neue Form von jüdischer Bildung und Begegnung wurde zum Exportschlager. Limmud gibt es inzwischen auf fünf Kontinenten und seit 2005 auch in Deutschland, als Sophie Mahlo und Toby Axelrod hier Limmud.de als gemeinnützigen Verein gegründet haben. Zu den Limmud-Prinzipien gehört: ehrenamtliche Arbeit der Organisatoren, keinerlei Honorar für die Lektoren, Verzicht auf Titel und eine so weit wie nur möglich gehende Vielfalt an Themen und Aktivitäten für jüdische Menschen von 0 bis 120. Dabei soll und kann jeder Lehrer und Schüler zugleich sein. So veranstalten wir hier in Deutschland neben dem großem viertägigen Limmud-Festival im Frühjahr auch Limmud-Tage. Bis jetzt fanden sie in München, Köln, Frankfurt und Berlin statt und sind eine »Schnupperversion« des großen Festivals am Werbellinsee.

Der Limmud-Tag wird anlässlich des »Global Day of Jewish Learning« veranstaltet. Was ist darunter zu verstehen?
Das ist in der Tat eine sehr interessante Geschichte. Adin Steinsaltz, eines der letzten Universalgenies des jüdischen Volkes, den wir 2009 selbst am Werbellinsee begrüßen durften, beendet an diesem Tag sein Lebenswerk: ein Talmudkommentar, der buchstäblich jedem das Studium des komplexen Textes ermöglicht. Sein Institut in Jerusalem veranstaltet anlässlich dieses Ereignisses den weltweiten Tag des jüdischen Lernens, an dem bestimmte Texte und Inhalte studiert werden, und wir stoßen mit unserer Limmudvielfalt einfach dazu. Die talmudischen und rabbinischen Themen sind ja bereits anhand von (fast) einem Minjan von RabbinerInnen ablesbar, die am 7. November dabei sein werden.

Aber es kommen nicht nur Rabbiner, oder?
Natürlich nicht. Wir bemühen uns um Vielfalt. Highlights des Programms werden sicherlich das Podiumsgespräch mit Daniel Libeskind über die Zukunft der jüdischen Erinnerung sein oder György Dalos, der aus seinem Roman »Die Beschneidung« lesen wird oder auch Michael Wuliger, von dem Passagen aus seinem »Koscheren Knigge« zu hören sein werden. Es gibt auch Vorträge auf Russisch und Englisch und zum Abschluss ein kleines Konzert mit den »Minyan Boys«. Aber das gesamte Programm ist bereits auf unserer Homepage zu finden.

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Und keiner von diesen wichtigen Menschen will ein Honorar?
Doch. Herr Wuliger bekommt eine Flasche Rotwein. Fragen Sie aber bitte nicht, ob die koscher sein wird.

Ist Limmud wirklich politisch, religiös, strukturell völlig unabhängig?
Das sind wir in der Tat und damit werden wir zu einem beinahe einzigartigen Begegnungsort für Juden aller Glaubens- oder Unglaubensrichtungen, politischen Einstellungen und Interessen. Allerdings sind wir sehr dankbar, dass die Jüdische Gemeinde zu Berlin, die uns über all diese Jahre immer unterstützt hat, uns erneut Gastrecht in ihren Räumlichkeiten gewährt.

Und vielleicht am Ende: Warum engagierst Du Dich bei Limmud?
Im bürgerlichem Leben bin ich wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für jüdische Studien an der Universität Halle-Wittenberg. So wie alle anderen, die bei Limmud.de mitarbeiten, finde ich die Begegnung verschiedener jüdischer Menschen sehr wichtig, weil wir an das Lernen als Kernbestandteil des Judentums in allen seinen religiösen, politischen und kulturellen Ausprägungen glauben und weil uns das alles hier eigentlich sehr viel Spaß macht.

Was sagst Du der Jüdischen Gemeinde zum Abschied?
»Sei jüdisch, sei Limmud, sei Berlin« – und das spätestens am 7. November, von 10 bis ca 20 Uhr im Gemeindehaus!