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Schawuot 5776
01.Juni 2016 | Beiträge – jüdisches berlin | Religion
In diesem Monat feiern wir Schawuot, das Wochenfest. Es ist zwar eines der drei Wallfahrtsfeste, aber wahrscheinlich das Fest, das in der Wahrnehmung der meisten nicht den gleichen Stellenwert hat wie die beiden anderen Wallfahrtsfeste Pessach und Sukkot. Ganz zu schweigen von Rosch Haschana und Jom Kippur. Selbst Purim und Chanukka dürften beliebter sein als Schawuot. Es gibt kein Schofar, das geblasen wird, keine Laubhütte, die aufgestellt, kein Lulaw, der geschüttelt wird. Noch gibt es besondere verpflichtende Speisevorschriften, wie etwa das Essen der Mazza zu Pessach.
Zweifellos aber ist dieses Fest von enormer Bedeutung. Schawuot ist fest mit Pessach verbunden. Diese Abhängigkeit wird auch durch die Tatsache ersichtlich, dass Schawuot das einzige Fest ist, dem kein festes Datum in der Tora zugewiesen wird. Es heißt lediglich, dass am 50. Tag nach Pessach das Wochenfest stattfindet. Natürlich ergibt sich daraus ein festes Datum, das sich nicht verändern lässt, nämlich der 6. Siwan. Dennoch ist diese angedeutete Abhängigkeit inhaltlich gut zu begründen. Sie hat mit dem Ereignis zu tun, das die Rabbiner Schawuot zuordnen: der Gabe der Tora am Sinai.
Warum aber die enge Bindung an Pessach? Ich denke, die Verbindung ist offensichtlich. Zu Pessach feiern und gedenken wir der Freiheit aus der Sklaverei. Wir gedenken der Geburtsstunde des jüdischen Volkes. Die Freiheit jedoch, die wir nach dem Auszug aus Ägypten erreichten, war nur physischer Natur. Das Volk war zwar physisch befreit, aber noch nicht geistig. Diese Befreiung geschah erst 50 Tage später zu Schawuot. Hier erhielt das Volk die Tora und mit ihr das, was das Volk auch in den immer wiederkehrenden Zeiten der Unfreiheit, der Knechtschaft, am Leben erhalten hat und bis heute geistig erhält. Die physische Freiheit ist also nicht ohne die geistige Freiheit der Tora möglich.
Der Begriff Gesetz ist häufig negativ konnontiert. Etwas, was den Einzelnen einengt. Dabei gilt doch allgemein, dass nur, wenn sich alle an ein Gesetz halten, die Freiheit des einzelnen gewährt werden kann. In einer Gesellschaft ohne ein für alle verbindliches Gesetz gilt nur das Recht des Stärkeren und kann es keine Freiheit des Einzelnen geben. Das Gesetz ist der Garant für fortwährende Freiheit. Was allgemein gilt, gilt eben auch und besonders in Bezug auf die Tora. Die Tora und Halacha ist kein starres Regelwerk, so wie uns lange vorgeworfen wurde, sondern es hat sich immer so verändert, dass die Tora zu jeder Zeit und an jedem Ort lebbar wurde. Sie ist der Garant für unsere Freiheit und als solches ist es an uns, sie zu studieren und zu bewahren. Hieran werden wir besonders am Brauch des Tikkun Lejl Schawuot erinnert, an dem wir versuchen, die ganze Nacht hindurch zu lernen. Ein anderer Brauch ist es, die Synagoge und das eigene Haus mit Blumen und Früchten zu schmücken. Diese Tradition geht darauf zurück, dass auf dem ganzen Berg Sinai Blumen wuchsen als die Tora gegeben wurde. In der Synagoge wird zudem das Buch Ruth gelesen. Die Verbindung der Geschichte der Moabiterin Ruth zu Schawuot sahen die Weisen darin, dass das Buch zur Zeit der Ernte spielte und auch Schawuot ein Erntefest darstellte. Darüberhinaus wird Schawuot als Geburtstag und als Jahrzeit des Königs David angesehen, als dessen Vorfahrin Ruth gilt.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien Chag Sameach!
Gemeinderabbiner Jonah Sievers
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