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Rede von Franziska Eichstädt-Bohlig
15.Januar 2009 | Redaktioneller Beitrag | Politik
anlässlich der "Solidarität für Israel"-Demonstration am Sonntag, 11. Januar 2009 auf dem Berliner Breitscheidplatz
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich spreche hier und heute, weil ich in hohem Maße mit Israel solidarisch bin. Ich spreche aber auch, weil ich für Ausgleich und Versöhnung werben will.
Wir sind uns alle einig in der entschiedenen Zurückweisung der Politik und der Angriffe der Hamas und der dahinter stehenden Vernichtungsziele des Iran.
Ich stehe zu der unverrückbaren historischen Verpflichtung: Für mich als Deutsche und als Grüne ist das Existenzrecht Israels nicht verhandelbar.
Dies beinhaltet aber gleichermaßen: Es muss auch ein dauerhaftes Existenzrecht für die Palästinenser geben. Frieden in Nahost kann es nur mit einer klaren Zweistaatlichkeit in den Grenzen von 1967 geben.
Wir wissen alle, dass ein dauerhaftes, friedliches Zusammenleben nicht mit den Mitteln militärischer Gewalt zu erzwingen ist.
Das ist die Tragik dieses Krieges: Israel kann der jahrelangen Aufrüstung, dem Waffenschmuggel und den Angriffen der Hamas nicht tatenlos zusehen. Andererseits wissen wir und weiß Israel, dass die Kinder, die von der Hamas heute in Schulen als Schutzschild eingesetzt werden, die Feinde Israels von morgen sind. Die Spirale von Hass, Gewalt und Krieg dreht sich so immer weiter.
Die Bilder, die von diesem ungleichen Krieg täglich über die Fernsehschirme der Welt gehen, sind nur sehr schwer zu ertragen.
Israel verliert in diesem Krieg moralisch und muss sich fragen lassen, ob das Ziel der Unterbindung der Raketenangriffe und des Waffenschmuggels nicht mit weniger brutalen Mitteln erreichbar ist.
Kurzfristig muss ein wirksamer und dauerhafter Waffenstillstand im Gaza erreicht werden, der Israel die Sicherheit vor Angriffen und dem Gaza die Lebensfähigkeit garantiert. Dies ist nur mit internationalen Initiativen und mit internationaler Kontrolle erreichbar.
Ein dauerhaftes, friedliches Nebeneinanderleben erfordert weitere, durchaus schmerzhafte Zugeständnisse auf beiden Seiten. Die Palästinenser dürfen sich nicht länger in politische Geiselhaft für die Ziele der Hamas und des Iran nehmen lassen. Sie müssen das Existenzrecht Israels endlich anerkennen und ihren Vernichtungsfantasien abschwören.
Israel seinerseits muss zur Aufhebung der Blockade des Gaza-Streifens bereit sein. Für einen dauerhaften Frieden wird es auch unabdingbar, dass sich Israel im Rahmen eines Gesamtpaketes zum Rückzug der jüdischen Siedlungen in der Westbank bereit erklärt und zu einer Verbesserung der Lebensumstände der Palästinenser beiträgt, um die säkularen Kräfte auf Seiten der Palästinenser auf einem Kurs der Verständigung zu stärken.
Und es braucht die Weltgemeinschaft, die USA, Europa, die arabischen Staaten und Russland als gemeinsame und aktive Unterstützer eines ehrlichen Interessensausgleichs. Aktuell richten sich alle Hoffnungen darauf, dass Barack Obama die Aufgabe des "ehrlichen Maklers" übernehmen und ausfüllen kann.
Natürlich ist mir bewusst, wie weit entfernt wir von einer einheitlichen internationalen Initiative sind, wenn nicht einmal Europa in der Lage ist, hier mit einer Stimme zu sprechen. Aber das Hauptproblem ist der Iran. Der Irakkrieg hat den Iran gestärkt. Der Iran rüstet und hetzt Hamas und Hisbolla immer wieder auf. Dies muss von der Weltgemeinschaft und insbesondere von Deutschland geächtet werden.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich abschließend feststellen:
Israel hat das Recht, sich gegen die Raketenangriffe auf seine Zivilbevölkerung zu wehren. Aber es darf dabei nicht das Augenmaß verlieren. Dies liegt auch im wohlverstandenen Interesse der Israelis selbst und der Juden in aller Welt. Denn wir alle, die sich heute hier versammelt haben, wollen dem Antisemitismus den Boden entziehen.
Es gilt, klare Forderungen zur Beendigung der Gewalt und der Angriffe an die Hamas zu stellen.
Aber hier und heute muss ich auch die Hoffnung aussprechen, dass Israel in diesem "Jahr der Versöhnung" neben der Kraft zur Verteidigung auch die Kraft zu Besonnenheit, zum Dialog und zur schnellen Beendigung der Gewalt mit Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft findet.
Franziska Eichstädt-Bohlig
jüdisches berlin
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