Beitragssuche
Offener Brief eines Präsidiumsmitglieds an die Mitglieder des Präsidiums des Zentralrates in Deutschland
23.Februar 2024 | Pressemitteilung | Medien, Gemeinde, Politik, Gesellschaft
Eindruck einer rein politischen Repressalie durch das Gericht des Zentralrates
Sehr geehrte Damen und Herren Präsidiumsmitglieder des Zentralrates der Juden in Deutschland, liebe Freunde,
als deutsche Juristin fällt es mir schwer, diese Zeilen zu schreiben, da ich uneingeschränkt an die Rechtsstaatlichkeit in unserem Land glaube. Aber aus gegebenem Anlass kann ich nicht mehr schweigen.
Seit Montag dieser Woche werde ich das Gefühl nicht los, dass es sich bei den Entscheidungen des Gerichts des Zentralrates um eine rein politische Repressalie gegen die Berliner Gemeinde handelt.
Gericht des Zentralrats hat unter Verstoß gegen die eigene Gerichtsordnung entschieden
Als langjähriges Präsidiumsmitglied und Rechtsdezernentin hatte ich die Überarbeitung der Gerichtsordnung des Zentralrates in der Satzungskommission mitbegleitet. Bereits damals wurde Marc Grünbaum als Präsident des Oberen Schieds- und Verwaltungsgerichts des Zentralrats zu der Frage angehört, welche Veränderungen aus seiner Sicht notwendig wären. Bereits damals konzentrierte sich sein Vortrag ausschließlich auf die Berliner Gemeinde. Bereits damals kam mir das sehr seltsam vor. Wir haben uns in der Satzungskommission sodann eindeutig darauf geeinigt, dass die Gerichtsbarkeit des Zentralrates unbedingt eine freiwillige Gerichtsbarkeit bleiben muss, um die Souveränität der Gemeinden nicht zu gefährden und deshalb nur zur Anwendung kommt, wenn es kein eigenes unabhängiges Schiedsgericht in der jeweiligen Gemeinde gibt. Das wurde auch so in der neuen Gerichtsordnung festgeschrieben. Leider hat das Gericht des Zentralrates trotz der eindeutigen Formulierung in der Gerichtsordnung das Verfahren zur Wahl in der Berliner Gemeinde rechtswidrig an sich gerissen und die Wahl in der Berliner Gemeinde verhindern wollen, obwohl die Berliner Gemeinde ein unabhängiges Schiedsgericht hat, bei dem bereits ein Verfahren zur Wahl anhängig war.
Gericht der Berliner Gemeinde hat Zentralrat für nicht zuständig und die Berliner Gemeindewahl für rechtmäßig erklärt; trotzdem sollen Bestrafungen der Gemeinde durchgesetzt werden
Das unabhängige Schiedsgericht der Gemeinde hat die Entscheidung des Gerichts des Zentralrates für nichtig und nicht bindend erklärt. Die entsprechende Entscheidung ist auf der Homepage der BerlinerGemeinde veröffentlicht. In der Zwischenzeit hatte das unabhängige Berliner Schiedsgericht die Wahl der Berliner Gemeinde für rechtmäßig erklärt. Das bedeutet: Wir als Vertreter der Berliner Gemeindesind gezwungen, uns an die Entscheidungen unseres Gerichts zu halten. Das haben wir auch getan. Daraufhin wurden mehrere Strafen in Höhe von jeweils 10.000 € für die Nichtbefolgung der Entscheidung des Gerichts des Zentralrates verhängt. Als Vertreter der Berliner Gemeinde konnten wir diese Zahlungen nicht veranlassen, da diese im direkten Widerspruch zu der Entscheidung unseres Gerichts stehen. Wir hätten als Berliner Gemeindevertreter persönlich für die Befolgung des rechtswidrigen Urteils des Gerichts des Zentralrates haften müssen.
Fragwürdige Veröffentlichungen ausschließlich über die Berliner Gemeinde
Ausschließlich die Entscheidungen des Gerichts des Zentralrates in Bezug auf die Berliner Gemeind wurden veröffentlicht. Uns ist nicht bekannt, dass irgendeine andere Entscheidung des Gerichts des Zentralrates jemals veröffentlicht worden sei.
Stimmrechtsentzug sofort nach Wahl ins Präsidium
Am vergangenen Sonntag, den 18.02.24 hat das Direktorium mehrheitlich der Berliner Gemeinde sein Vertrauen ausgesprochen und die Berliner Gemeinde in das Präsidium des Zentralrates gewählt. Nur einen Tag später, am Montag, den 19.02.24 erhielten wir die Empfehlung des Gerichts des Zentralrates, der Berliner Gemeinde ihre Stimmrechte in allen Gremien des Zentralrates zu entziehen. Diese Empfehlung wurde aus unerklärlichen Gründen ebenfalls sofort veröffentlicht. Dagegen wurde die Wahl der Berliner Gemeinde ins Präsidium bis heute nicht auf der Homepage des Zentralrates veröffentlicht. Wie ist das zu erklären?
Angesichts des klar kommunizierten Willens des Direktoriums des Zentralrates, die Berliner Gemeinde als Vertreterin des Direktoriums ins Präsidium zu entsenden, hat sich der Eindruck verfestigt, es handelt sich bei der Empfehlung des Gerichts um eine rein politische Repressalie.
Missachtung des eindeutigen Willens des Direktoriums
Die Berliner Gemeinde soll nun für die Nichtbefolgung eines rechtswidrigen Urteils, welches für sie nicht bindend ist, bestraft werden entgegen dem ausdrücklichen Willen der Mehrheit des Direktoriums des Zentralrats. Der zeitliche Ablauf und die Art der Kommunikation legen den Schluss nahe, dass hier schnellstmöglich "Fakten geschaffen werden sollen", um unter Umgehung des Willens der Mehrheit des Direktoriums die Berliner Gemeinde als starke Stimme zum Schweigen zu bringen.
Antrag auf Vorlage beim Direktorium
Sollte tatsächlich geplant sein, diese rechtswidrige, rein politische Empfehlung, die für das Präsidium nicht bindend ist, umzusetzen, beantrage ich hiermit vorsorglich, diese Entscheidung dem Direktorium des Zentralrates bei der kommenden Sitzung vorzulegen, da diese im Widerspruch zu dem offen bekundeten Willen der Mehrheit der Direktoren steht, der Berliner Gemeinde ein Stimmrecht innerhalb des Präsidiums zu geben.
Dieses Schreiben möge bitte dringend durch die Geschäftsführung des Zentralrates an alle Mitglieder des Präsidiums und des Direktoriums versendet werden, da uns die Kontaktdaten der Präsidiums- und Direktoriumsmitglieder verwehrt wurden.
Milena Rosenzweig-Winter
Präsidiumsmitglied
Zentralrat der Juden in Deutschland
Hier finden Sie den Brief als PDF
Das Urteil des Schiedsausschusses der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vom 31.08.2023 zur Nichtzuständigkeit der Gerichtsbarkeit des Zentralrats finden Sie hier als PDF-Datei
Die Urteile des Schiedsausschusses der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vom 08.11.2023 zu Wahl- und Prüfungsbeschwerden (Einsprüche) finden Sie hier und hier als PDF-Dateien
jüdisches berlin
2012_24 Alle Ausgaben
- Dezember 2024
- November 2024
- Oktober 2024
- September 2024
- Juni 2024
- Mai 2024
- April 2024
- März 2024
- Februar 2024
- Januar 2024
- Dezember 2023
- November 2023
- Oktober 2023
- September 2023
- Juni 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Februar 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- September 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Februar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- Januar 2018
- März 2021
- Februar 2021
- Mai 2020
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- September 2020
- Oktober 2020
- Juni 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- September 2019
- November 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Dezember 2018
- Januar 2019
- Mai 2015
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2015
- März 2015
- März 2018
- Februar 2017
- Februar 2018
- fileadmin/redaktion/jb197_okt2017.pdf
- September 2017
- Juni 2017
- April 2017
- November 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2017
- Dezember 2015
- November 2015
- September 2015
- Juni 2015
- Oktober 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Januar 2022
- Oktober 2014
- September 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012