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Massiver Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Jüdischen Gemeinden in Deutschland durch den Zentralrat der Juden
24.Juli 2023 | Pressemitteilung | Medien, Gemeinde, Politik, Religion, Israel, Gesellschaft
Berliner Gemeinde wird sich diesem offensichtlichen Rechtsbruch nicht beugen und für die Souveränität der Gemeinden kämpfen.
Mit Befremden nimmt die Jüdische Gemeinde zu Berlin einen Beschluss des Gerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland (ZR) zur Kenntnis, der wegen fehlender Zuständigkeit offensichtlich unzulässig und zudem auch inhaltlich völlig unbegründet ist. Die Jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist ähnlich dem föderalen System der Bundesrepublik organisiert. Der Zentralrat bildet den politischen Dachverband, die einzelnen Landesverbände und Gemeinden sind jedoch aufgrund der ihnen verliehenen Satzungsautonomie bei der Organisation ihres Gemeindelebens selbständig und unabhängig. Seit geraumer Zeit beobachten wir jedoch Versuche des ZR, in die einzelnen Gemeinden hineinzuregieren und deren Selbstbestimmung in Frage zu stellen. Wir als größte Jüdische Gemeinde werden diesen massiven Angriff auf die Satzungsautonomie nicht dulden.
Über viele Jahre haben wir uns in diversen Gremien des ZR dafür eingesetzt, die Souveränität der Gemeinden in Deutschland zu schützen und das Reingrätschen des Zentralrates ohne oder sogar gegen den Willen der einzelnen Gemeinden zu verhindern. Es gab während der letzten Legislatur bereits Versuche, die Gemeinden komplett der Gerichtsbarkeit des Zentralrates zu unterwerfen. Diese konnten wir um Haaresbreite verhindern, um das grundgesetzlich verankerte Selbstbestimmungsrecht aller Gemeinden zu schützen und zu stärken.
Die aktuelle Entscheidung des Schiedsgerichts des Zentralrates, die sich mit der auf satzungskonformem Wege durch die hierfür demokratisch gewählte Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin beschlossene Wahlordnung befasst, geht eindeutig zu weit, ist offensichtlich rein politisch motiviert und verstößt sowohl gegen die eigene Satzung des Zentralrats es als auch gegen die Satzung der JGzB. Diese regeln eindeutig, dass das Schiedsgericht des ZR ausschließlich dann für gemeindeinterne Fragen zuständig ist, wenn es kein eigenes Schiedsgericht in der Gemeinde gibt. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
In der Berliner Gemeinde existierte schon immer ein eigenes sachkundiges besetztes Schiedsgericht, welches über alle relevanten Belange der Gemeinde entscheidet. Für etwaige Beanstandungen der demokratisch verabschiedeten Wahlordnung wäre damit ausschließlich das kompetente Schiedsgericht der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zuständig.
Die Tatsache, dass der Zentralrat die offensichtliche und abschließend geregelte Zuständigkeit des Berliner Gerichts missachtet und die Entscheidung satzungswidrig an sich zu reißen versucht, zeigt nur eine weitere Eskalationsstufe bei dem Streit um die Souveränität der Gemeinden in Deutschland. Dies ist umso erstaunlicher, als sich das Schiedsgericht sogar vollständig von den als unzulässig empfundenen Anträgen der Beschwerdeführer gelöst hat und offenbar eine eigene rechtliche Agenda an deren Stelle setzen will.
Wir als unabhängige Großgemeinde erklären hiermit:
Wir werden uns der Willkür und dem rechtswidrigen Machtgebaren des Schiedsgerichts des Zentralrates nicht beugen. Wir werden dafür gerne die uns in Beschluss angedrohten Strafmaßnahmen in Kauf nehmen bis zur letzten Konsequenz. Denn es geht in diesem Fall nicht nur um uns, sondern stellvertretend um alle Gemeinden in Deutschland, die ihre Belange kraft der ihnen grundgesetzlich verliehenen Satzungsautonomie weiterhin selbstbestimmt und ohne Übergriffe des ZR regeln möchten.
Lediglich der Vollständigkeit halber seien zwei inhaltliche Aspekte aus der Entscheidung des unzuständigen Schiedsgerichts erwähnt, die die tendenziöse Unbehilflichkeit des abenteuerlichen Beschlusses zeigen: So rügen die Richter eine Altersbegrenzung bei der Kandidatur zur Berliner Repräsentantenversammlung als diskriminierend und rechtswidrig – und übersehen dabei ganz offensichtlich, dass der Zentralrat für die eigenen Schiedsrichter ebenfalls eine Altersgrenze von 75 Jahren statuiert.
Überdies rügen die Schiedsrichter die Durchführung der kommenden Wahlen zur Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde als Briefwahl als undemokratisch – dass die Richter des Schiedsgerichts als Anwälte und Anwältinnen sämtlich Mitglieder einer lokalen Rechtsanwaltskammer sind, die ebenfalls als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausschließlich per Briefwahl oder elektronisch ihren Vorstand wählt, scheint ihnen ebenso entgangen zu sein wie die jahrelange demokratische Praxis etwa bei der Sozialwahl. Dies sind nur zwei der vielen Widersprüche und Ungenauigkeiten in dem von uns als unzulässig und unbegründet angesehenen Beschluss.
Unter rechtsstaatlichen Aspekten ist uns also schier unmöglich, dieses missbräuchliche Verhalten der Schiedsrichter zu akzeptieren. Wir erkennen ausschließlich die Entscheidungen des satzungsrechtlich hierzu befugten, kompetenten Berliner Schiedsausschusses als legitim an. Die Wahl wird demnach ordnungsgemäß fortgesetzt.
jüdisches berlin
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