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Jüdische Spuren... an der Müritz
02.Oktober 2008 | Beiträge – jüdisches berlin | Kultur
Die einstigen Jüdischen Gemeinden in Waren und Röbel
Die Müritz ist nicht nur ein Paradies für Wasserfreunde. In Mecklenburg-Vorpommern liegt sie am Radfernweg Berlin-Kopenhagen, der durch idyllische, stille Landschaften führt. Der Müritz-Nationalpark mit seinen märchenhaften Wäldern und Seen ist ein Refugium für seltene Tiere und Pflanzen. Aber nicht nur ihretwegen lohnt sich ein Ausflug an den größten Binnensee Norddeutschlands. Hier lassen sich auch Spuren einstigen jüdischen Lebens finden. In den vier Müritzstädten Waren, Röbel, Malchow und Penzlin gab es bereits im Mittelalter jüdische Gemeinden. Wie in Brandenburg erlebten auch die Juden Mecklenburgs immer wieder Vertreibungen und Repressalien. 1492 wurden 25 jüdische Männer und zwei Frauen wegen angeblicher Hostienschändung verbrannt und alle Juden des Landes verwiesen. Erst 200 Jahre später ließen sich wieder jüdische Familien in Mecklenburg nieder. Auch in den Müritzstädten entwickelten sich kleine Gemeinden. Die größte war 1828 mit 125 Mitgliedern die in Waren. Doch im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl wieder ab, 1933 wohnten nur noch 27 Juden dort. Heute zeugen nur noch Mahnmale von der einstigen Gemeinde. Eines befindet sich auf dem jüdischen Friedhof. Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt und in der Nazizeit zerstört, wurde er in der Nachkriegszeit zu einer Gedenkstätte umgestaltet. Auch an die Synagoge erinnert heute nur noch ein Gedenkstein. Das 1796 im Fachwerkstil errichtete Gebäude wurde 1936 verkauft und zu DDR-Zeiten abgerissen. Damals fiel ein Teil der Warener Altstadt dem Bau einer Schnellstraße und einer Eisenbahnlinie zum Opfer. Auch die Penzliner Synagoge existiert heute nicht mehr. 1750 eingeweiht wurde sie nach Auflösung der Gemeinde 1924 verkauft und dann als katholischer Betraum genutzt. Sie brannte im April 1945 ab. Traurig ist auch die Geschichte der Malchower Synagoge. Sie ging 1920 in den Besitz eines Handwerkers über; 1992 ließ der Eigentümer das Gebäude abreißen.
Die Synagoge in Röbel am südwestlichen Ufer der Müritz entging Dank des Vereins »Land und Leute e.V.« diesem Schicksal. Er erwarb das vollkommen verfallene Gebäude und stellte es liebevoll wieder her. Der für die Gegend typische Fachwerkbau stammt vermutlich aus dem Jahre 1831. Um die 90 Jüdinnen und Juden lebten damals in der Stadt. Doch bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Synagoge von der schrumpfenden Gemeinde nur noch zu den Feiertagen genutzt und schließlich 1938 an einen Fuhrunternehmer verkauft, dem sie als Garage diente. Während der NS-Zeit verließen viele Röbeler Juden ihre Heimat, um in Großstädten wie Berlin oder Hamburg Zuflucht zu finden. Die laut Gestapo im Februar 1942 noch hier wohnenden vier jüdischen Männer und Frauen wurden deportiert. 1988, zum 50. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938, sollte eine Gedenktafel an die frühere Synagoge angebracht werden, doch wegen Baufälligkeit des Hauses nahm die Stadt damals davon Abstand. Heute bildet der sanierte Bau zusammen mit drei benachbarten Gebäuden den »Engelschen Hof«, benannt nach einer alteingesessenen jüdischen Familie. Der Gebäudekomplex beherbergt eine Jugendbildungsstätte und ein kleines, aber feines Museum zur jüdischen Geschichte Mecklenburgs. Der Synagogenraum wird für Kulturveranstaltungen und Ausstellungen genutzt. Entstanden ist so ein Ort, der viel mehr ist als ein Denkmal, nämlich eine lebendige Begegnungsstätte, ein Zentrum der Kultur und Bildung für die Region.
Lara Dämmig
Informationen:
Alte Synagoge Röbel, Kleine Stavenstraße 9-11, Mo – Fr 9-16 Uhr + nach Vereinbarung, Tel. 039931 - 53 944
www.land-und-leute-ev.de
Anreise: mit der Bahn bis Waren, von dort ist Röbel mit dem Schiff, Bus oder Rad erreichbar.
jüdisches berlin
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