Beitragssuche

Datum / Zeitraum:
Beitragsart:
Kategorie:

Heirat und Scheidung im Judentum

01.Juni 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Religion

Fragen an Rabbiner Yitshak Ehrenberg

 

Maimonides schreibt: »Vor der Gabe der Tora war es so: Wenn ein Mann eine Frau auf dem Markt traf und beide heiraten wollten, so brachte er sie in sein Haus […] und sie wurde seine Frau. Doch nachdem die Tora gegeben worden war, unterlag Israel den die Eheschließung betreffenden Geboten. Wenn nun ein Mann eine Frau heiraten wollte usw.« (Mischne Tora, Naschim, Hilchot Ischut 1). Das bedeutet, dass es mit der Gabe der Tora allein durch Chuppa und Kiduschin erlaubt ist, mit einer Frau zusammenzuleben.

Die jüdische Religion heiligt das Familienleben. Daher sagt der Chatan (Bräutigam) unter der Chuppa zu seiner Braut: »Siehe, du bist mir nach der Religion Moses und Israels angeheiligt«. Die dergestalt zustande gekommene Verbindung kann ausschließlich durch den Tod eines der beiden Eheleute oder durch einen »Get« (Scheidebrief), der gemäß der Religion Moses und Israels verfasst und der Frau übergeben wird, getrennt werden.

In den Bestimmungen zur Scheidung listet Maimonides für den Get, ohne dessen Erhalt die Frau nicht geschieden werden kann, zehn Bedingungen auf, die erfüllt sein müssen, damit er nach der Tora gültig ist. Das Verfassen und Erteilen eines Scheidebriefs ist eine sehr ernste Angelegenheit. Ihre Behandlung erfordert viel Wissen und Erfahrung. Allein Fachleute auf diesem Gebiet sind befugt, sich mit den Einzelheiten des Gets zu befassen.

In allen jüdischen Gemeinden auf der Welt beschäftigen sich »Batej Din« (religiöse Gerichte) mit diesem Gegenstand. Auch hier in Deutschland gibt es ein Bejt Din, das mit dem ORD und dem Oberrabbinat in Israel zusammenarbeitet und sich gemeinsam mit den Rabbinern der örtlichen Gemeinden Scheidungsangelegenheiten und Übertritten zum Judentum widmet. In Berlin tagt dieses Bejt Din etwa vier Mal im Jahr. Unsere Weisen sel. A. sagen, dass es jedem, der sich nicht genügend in den die Scheidung betreffenden halachischen Bestimmungen auskennt, verboten ist, sich damit zu befassen, um schwere Fehler und deren Konsequenzen zu vermeiden.

Rabbiner Yitshak Ehrenberg unterschreibt eine Ketuba

Rabbiner Yitshak Ehrenberg unterschreibt eine Ketuba

Die Ehe eines jüdischen Paares, die durch Chuppa und Kiduschin geschlossen wurde, kann, solange beide leben, allein durch einen vorschriftsmäßig erstellten und übergebenen Get aufgelöst werden. Selbst wenn das Paar eine zivilrechtliche Scheidung vornimmt, bleibt es nach dem jüdischen Religionsrecht verheiratet. Das hat zur Folge, dass, wenn ein Mann oder eine Frau in einem solchen Fall mit einem anderen Partner zusammenlebt, die nach jüdischer Religion geschlossene Ehe verletzt wird. Wenn eine Frau mit einem anderen Mann zusammenlebt, ohne dass sie zuvor einen Get erhalten hat und damit rechtsgültig geschieden wurde, handelt es sich um einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Tora. Wird aus einer solchen Verbindung ein Kind geboren, ist das Kind ein »Mamser«. Das ist im Judentum ein höchst unglücklicher Status, denn dieses Kind kann niemals einen jüdischen Partner durch Chuppa und Kiduschin heiraten. Es trägt einen schweren Makel, der niemals entfernt werden kann. Sogar wenn es wiederum Kinder zeugt, sind diese und weitere Nachkommen auf immer Mamserim. Eine Frau, die mit einem fremden Mann ohne Erhalt eines Gets zusammenlebt, kann ferner selbst nach dessen Erhalt nicht mehr mit jenem Mann durch Chuppa und Kiduschin verheiratet werden.

Ich habe es aufgrund der genannten schwerwiegenden Folgen, die durch das Unterbleiben einer nach der jüdischen Religion vollzogenen Scheidung entstehen können, für wichtig erachtet, durch diesen Artikel die Gemeindemitglieder darauf aufmerksam zu machen, dass solche Fehler, die sie später gewiss sehr bereuen würden, vermeidbar sind. Jedes Ehepaar, das durch Chuppa und Kiduschin geheiratet hat und sich trennt, sollte sich wegen der Aufsetzung eines Scheidebriefs schnellstmöglich an das Rabbinat wenden, um zukünftige Probleme, die sich durch das Zusammenleben einer Frau mit einem fremden Mann ohne rechtsgültigen Get ergeben, zu vermeiden.