Beitragssuche
Grusswort des Vorsitzenden
01.November 2015 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde
Liebe Gemeindemitglieder,
auf palästinensischen Internetseiten ist zu lesen, wie man am besten ein Messer einsetzen sollte, um Anschläge auf Juden zu einem tödlichen Ende zu bringen. Auf israelischen Seiten ist zu lesen, wie man sich am besten gegen messerschwingende Terroristen verteidigt.
Für die Hamas ist die Todesquote beim Erstechen von jüdischen Zivilisten unbefriedigend. Da aus ihrer Sicht bei den Messerattacken zu viele Terroristen und zu wenige Juden sterben, empfehlen die »Philosophen« der Hamas, wieder verstärkt Menschengruppen mit Autos anzufahren. Schließlich hätte diese Methode auch den Vorteil, dass die Terroristen ihren Auto-Anschlag mit hoher Wahrscheinlichkeit überleben würden und sie ihr Leben dann für weitere Anschläge »opfern« könnten.
Der Auslöser der neuen Terrorwelle ist die von Präsident Abbas in palästinensischen Medien gestreute Behauptung, Israel würde den Tempelberg zunächst entweihen und anschließend Vorbereitungen zur Zerstörung der Al-Aksa-Moschee treffen, um einen neuen jüdischen Tempel zu bauen.
Was ist mit »Entweihung« gemeint? Aus palästinensischer Sicht beginnt die Entweihung mit der Erlaubnis, Juden auf dem Tempelberg beten zu lassen. Diese Erlaubnis wird seit der Wiedervereinigung Jerusalems im Jahr 1967 von Israel generell nicht an Juden erteilt. Netanjahu hat mehrfach bekräftigt, auch zukünftig nichts an der bisherigen Nutzung des Heiligtums ändern zu wollen; zumal sowohl der sephardische Oberrabbiner, Yitzchak Yosef, als auch der aschkenasische Oberrabbiner, David Lau, aus religiösen Gründen wiederholt betont haben, wie wichtig es ist, das Betverbot für Juden aufrechtzuerhalten. Netanjahu hat keinen politischen oder religiösen Grund, das Verbot aufzuheben.
Der Tempelberg, die für Juden heiligste Stätte, bleibt zum Beten auch zukünftig also allein den Muslimen vorbehalten. Es wäre unverantwortlich, an diesem Status quo herumzuspielen. Das weiß der israelische Ministerpräsident Netanjahu sehr genau. Ebenso gut weiß der palästinensische Präsident Abbas, dass es für die unwahren, komplett erdachten Äußerungen, die zu den landesweiten Messer-Morden geführt haben, nicht den geringsten Anlass gibt.
Wie schwierig eine generelle Verständigung ist, erkennt man beispielhaft an einer aktuellen Äußerung Muhammad Ahmad Husseins, des Großmuftis von Jerusalem. Er ist der ranghöchste muslimische Geistliche Jerusalems. Der Großmufti äußerte vor wenigen Tagen in einem Interview, dass noch nie ein Jüdischer Tempel in Jerusalem gestanden hätte.
Mit dieser Behauptung stößt man auf den eigentlichen Kern des Nahostkonflikts. Die palästinensische Regierung ist überzeugt davon, dass Juden kein Recht auf Jerusalem haben. Aus ihrer Sicht hat es noch nie in der Weltgeschichte einen historischen Bezug von Juden zu Jerusalem gegeben. Folglich kann jeder Anspruch, den Juden auf Jerusalem erheben, nur ausgedacht sein. Präsident Abbas spricht in diesem Zusammenhang auch vom »angeblichen Tempel«, von »Illusionen« und »Mythen«.
Für die palästinensische Regierung ist klar: Wenn Juden nicht das geringste Recht auf Jerusalem haben, wie können sie dann überhaupt noch Ansprüche auf andere, weniger heilige Orte in Israel oder in der Westbank erheben? Zur Erinnerung sei an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben: Das soeben dargestellte ist nicht die Position der Hamas, sondern die der »moderaten« palästinensischen Regierung. Auch für die »Moderaten« bleibt der Verzicht auf Land (für Frieden) ein Verzicht auf ihr Recht.
Was also ist die grundlegende Voraussetzung für Frieden zwischen Palästinensern und Israelis? Das Eingeständnis, dass Ansprüche der Israelis von Palästinensern ebenso anerkannt werden müssen wie die bereits seit Staatsgründung Israels anerkannten Ansprüche der Palästinenser. Anders ausgedrückt: Erst wenn die palästinensische Seite eingesteht, dass Jerusalem auch für Juden heilig ist, ist eine Grundlage für die Anerkennung des Existenzrechts Israels – und damit für Frieden – geschaffen. Solange Präsident Abbas jedoch befürchten muss, für Eingeständnisse dieser Art ermordet zu werden, wird sich nichts ändern.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die palästinensische Zivilgesellschaft so gut entwickelt, dass Diskussionen dieser Art schon sehr bald geführt werden können. Bis dahin werden wir, die Jüdische Gemeinde zu Berlin, unsere Politiker auf Berliner und Bundesebene bitten, bei Gesprächen mit palästinensischen Vertretern vor Ort, darauf hinzuweisen, dass hier der Tempel stand, in dem auch Jesus wirkte.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin wird sich auch weiterhin auf allen Ebenen für das Recht der israelischen Bevölkerung auf Frieden einsetzen. Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei den Opfern der Terroranschläge. Ihnen und ihren Familien gehört unser tiefes Mitgefühl.
Ihr Dr. Gideon Joffe
jüdisches berlin
2012_24 Alle Ausgaben
- Dezember 2024
- November 2024
- Oktober 2024
- September 2024
- Juni 2024
- Mai 2024
- April 2024
- März 2024
- Februar 2024
- Januar 2024
- Dezember 2023
- November 2023
- Oktober 2023
- September 2023
- Juni 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Februar 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- September 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Februar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- Januar 2018
- März 2021
- Februar 2021
- Mai 2020
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- September 2020
- Oktober 2020
- Juni 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- September 2019
- November 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Dezember 2018
- Januar 2019
- Mai 2015
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2015
- März 2015
- März 2018
- Februar 2017
- Februar 2018
- fileadmin/redaktion/jb197_okt2017.pdf
- September 2017
- Juni 2017
- April 2017
- November 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2017
- Dezember 2015
- November 2015
- September 2015
- Juni 2015
- Oktober 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Januar 2022
- Oktober 2014
- September 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012