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Für 10 Tage jüdische Kultur-Hauptstadt
01.Juni 2023 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde, Kultur
Highlights der 36. Jüdischen Kulturtage Berlin vom 5. bis 14. September
Am 5. September eröffnet die israelische Rock-Ikone Aviv Geffen die 36. Jüdischen Kulturtage Berlin. Internationale Bekanntheit erlangte der Singer-Songwriter am 4. November 1995 in Tel Aviv, als der damals 22-Jährige ein Konzert vor tausenden Teilnehmern einer Friedenskundgebung spielte, nicht ahnend, dass sich wenig später eine Katastrophe ereignen würde: Ministerpräsident Yitzchak Rabin fiel nach seiner Rede einem Attentat zum Opfer. Geffen stand nur vier Meter entfernt und bezeichnet diesen Augenblick als den dramatischsten seines Lebens. So bekam auch seine bewegende Ballade »Livkot Lecha« (»Cry for You«) eine neue Bedeutung. Ursprünglich schrieb Geffen das Lied für einen Freund, der bei einem Autounfall tödlich verunglückt war. Schließlich widmete der Musiker den Song Yitzchak Rabin und sang ihn bei dessen Beerdigung. Begleitet von seiner Band spielt Aviv Geffen das Stück auch beim Eröffnungskonzert. Die Set-List enthält weitere Klassiker wie »Machar« (»Tomorrow«) oder »Or ha Yareach« (»Moonlight«), deren Titel die Bedeutung der Muttersprache für den Sohn des bekannten Lyrikers Jonathan Geffen und Großneffen Moshe Dayans betonen.
Hochkarätig ist auch der erste Programmpunkt: Vor dem Konzert setzen Mitglieder des Staatsballetts Berlin das diesjährige Festival-Motto »Kaleidoskop« choreografisch in Szene. Die Bewegungsdramaturgie korrespondiert mit der Ausstellung des israelischen Kaleidoskop-Künstlers Roy Cohen, dessen Kaleidoskope inzwischen Teil von Museums-Sammlungen sind.
Am 6. September begrüßen wir »Kommuna Lux« in der Synagoge Rykstraße. Die ukrainische Formation nennt ihren mitreißenden Klezmer-Stil »Odessa Gangsta Folk«. Die Hafen-Metropole Odessa zog aufgrund ihrer Liberalität ab dem Ende des 18. Jahrhunderts gleichermaßen polnische Juden und russische Bohemians an. Den Odessiten werden ein hohes Maß an Toleranz, ein ungezwungener Lebensstil und verschmitzter Humor zugeschrieben. Überlieferte Songs aus der Stadt am Schwarzen Meer sowie aus osteuropäischen Regionen führen Kommuna Lux in einer energetischen Performance auf. Der charismatische Sänger Bagrat Tsurkan und seine temperamentvollen Mitstreiter begannen ihre Karriere mit furiosen musikalischen Flashmobs auf den Straßen ihrer Heimatstadt. »In Odessa kommen die Menschen zusammen. In Odessa werden sie lachen und singen«, heißt es in einem alten Couplet. Wie viel Wahrheit darin steckt, beweisen die umjubelten Konzerte der Band, die den Nimbus der ukrainischen Hafenstadt beispielsweise schon in die Clubs vieler Metropolen von New York City bis Haifa übertrugen.
Am 9. September folgt ein Konzert mit der israelischen Star-Sängerin Marina Maximillian, die ihren Singer-Songwriter-Sound stilsicher mit zeitgenössischen Pop-Arrangements verbindet und Hebräisch, Russisch und Englisch singt. Marina Maximilian, die mit ihren Eltern als Kind 1991 aus der Ukraine nach Israel gekommen ist, lernte bereits in jungen Jahren Klavierspielen bei ihrer Mutter, einer Klavierlehrerin, und setzte die Ausbildung später am Konservatorium fort. 2007 belegte sie beim TV-Format »Kochav Nolad« (»Ein Star wird geboren«) mit der Interpretation von israelischen Pop-Songs und Volksliedern den zweiten Platz. Es folgte ein Plattenvertrag und 2008 ein Duett mit Boaz Mauda, der für Israel am Eurovision Song Contest in Belgrad teilnahm. »Mi Haya Ma'amin« avancierte zu einem Hit, dem zahlreiche folgen sollten. Parallel startete Marina eine Schauspielkarriere. Sie stand bereits mit 15 Jahren auf der Bühne des renommierten Cameri-Theaters in Tel Aviv. Hierzulande ist sie durch die Rolle der Shin-Bet-Bürochefin in der Netflix-Serie »Fauda« bekannt.
Am 14. September klingen die 36. Jüdischen Kulturtage mit einer Weltpremiere aus: Der Violinist, Dirigent und Komponist Guy Braunstein hat Arnold Schönbergs Streichsextett »Verklärte Nacht« (1899/1902) bearbeitet und mit »Die Nacht wird immer verklärter« eine Fassung für Orchester und zwei Stimmen eingerichtet. Braunstein wird bei dieser Uraufführung selbst am Pult des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin stehen. Als Solisten fungieren die schwedische Sopranistin Sofie Asplund und der dänische Tenor Peter Lodahl.
Schönbergs Programmmusik basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Richard Dehmel. Darin beichtet eine junge Frau während eines nächtlichen Spaziergangs ihrem Partner, dass sie von einem Anderen schwanger sei. Der Mann reagiert verständnisvoll und verspricht, das Kind anzunehmen. Die Partitur von »Die Nacht wird immer verklärter« hat jedoch ein längeres Libretto als die fünf Strophen des Gedichts. Braunstein beauftragte damit den Lyriker und Pianisten Daniel Arkadij Gerzenberg, der beim autobiografischen Hintergrund des Gedichts ansetzte. Als sich Richard Dehmel und die ehemalige Stefan-George-Muse und Frauenrechtlerin Ida Auerbach 1895 kennenlernten und sich ineinander verliebten, erwartete sie von ihrem Mann Leopold Auerbach ein Kind. Richard und Ida verließen ihre jeweiligen Ehepartner, heirateten und avancierten zu einem ikonischen Paar – bis zum Ersten Weltkrieg. 1917 fiel der einzige Sohn. Richard Dehmel, der sich freiwillig an die Front gemeldet hatte, starb 1920 an den Folgen einer Kriegsverletzung. Ida wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten als Jüdin verfolgt und beging vereinsamt und krank kurz vor der drohenden Deportation 1942 Suizid. Das Libretto setzt Arnold Schönbergs »Verklärte Nacht« zu den späteren Ereignissen in Beziehung: In der Nacht vor ihrem Suizid findet ein Zwiegespräch zwischen Ida und Richard Dehmel statt, der aus dem Jenseits antwortet. »Sie spricht zu ihrem Mann, der bereits vorausgegangen ist, und er ruft sie zu sich«, sagt Daniel Arkadij Gerzenberg. Das Abschlusskonzert beginnt mit »The Lark Ascending« (1914) von Ralph Vaughan Williams. Guy Braunstein spielt das ursprünglich für Violine und kleine Orchester geschriebene Stück solo. Auch hier basiert die Partitur auf der Vertonung von Versen. Nach der Pause spielt das Rundfunk-Sinfonieorchester Antonín Dvořáks 1893 uraufgeführte 9. Sinfonie »Aus der neuen Welt« – eines der bekanntesten Werke des tschechischen Komponisten.
_Tickets für die oben genannten Konzerte gibt es bis zum 15. Juni mit einem Early Bird-Rabatt. Frühkaufen lohnt sich also! Ticketverkauf und Gesamtprogramm unter: www.juedische-kulturtage.org
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