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Engagierte Lehrer und engagierte Eltern

01.Mai 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Jugend

Elternsprecherin Miriam Rothholz über die Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule am Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn

 Ihre Tochter Naomi (10) besucht seit diesem Schuljahr die 5. Klasse des Jüdischen Gymnasiums. Sie sind nicht nur zur Elternsprecherin der Klasse 5, sondern auch zur Gesamtelternsprecherin gewählt worden. Wie gestaltet sich aus Elternsicht der Wechsel von der Grundschule aufs Gymnasium?

MR: Natürlich ist für die meisten Kinder der Schulweg länger geworden, was unter anderem auch früheres Aufstehen bedeutet. Die Länge des Schultages waren wir von der Galinski-Grundschule schon gewöhnt, allerdings arbeiten viele Kinder immer noch daran, sich an Umfang und gelegentlich auch die Art und Weise der Hausaufgaben zu gewöhnen. Fragen Sie unsere Kinder, so werden Sie in erster Linie erfahren, wie toll – cool – sie es finden, mit den Großen auf eine Schule zu gehen. Auch die für manche neuen Fächer Religion und Hebräisch werden von vielen als etwas ganz Besonderes beschrieben.

In vielen Elterngesprächen habe ich festgestellt, dass die gymnasialen Anforderungen, die weniger spielerisch daher kommen, und die stärkere Schwerpunktsetzung auf selbstständiges Lernen und Arbeiten im Unterricht für viel Gesprächsbedarf sorgen. Die Eltern sind alle sehr interessiert daran, was und wie unsere Kinder in der Schule lernen, aber durch den engen Kontakt zwischen Eltern und Lehrern können Missverständnisse als solche schnell erkannt oder kleinere Probleme gelöst werden, bevor daraus große werden. Allerdings kann ich feststellen, dass wir alle – Eltern und Kinder – mehr oder weniger intensiv daran arbeiten müssen, das Mehrtunmüssen am Gymnasium zu akzeptieren.

Viele Berliner Viertklässler und deren Eltern machen sich zum Ende des Schuljahres Gedanken über den Wechsel aufs Gymnasium: »Zu früh«, »Ende der Kindheit« und »Überlastung« sind nur einige Stichworte, die Eltern beschäftigen. Wie gestaltete sich das in Ihrer Familie? Inwiefern hat das Jüdische Gymnasium Eltern und Schülern beim Übergang aufs Gymnasium unterstützt?

Meine Tochter freute sich von Anfang an auf die neue Schule. Offen und kontaktfreudig wie sie nun mal ist, sah ich da kaum Probleme. Schon beim Kennenlernnachmittag am Ende der vierten Klasse konnten alle Schüler sich gegenseitig und die neue Schule beschnuppern. Da kamen erst gar keine Ängste auf. Auch jetzt kann ich sagen, dass sich der engagierte und ambitionierte Eindruck, den die Lehrer damals auf die Eltern machten, im Schulalltag bestätigt hat. Die Fachlehrer beantworten geduldig alle Schülerfragen und achten nebenbei noch darauf, dass sich gymnasiale Arbeitstechniken entwickeln, indem sie immer wieder daran erinnern. Durch den engen Kontakt zur Schule habe ich heute mehr Einblick in die Anforderungen, die das Gymnasium und der Schulalltag an unsere Zehnjährigen stellt. Zum Beispiel die vielen Exkursionen, mit denen in den verschiedenen Fächern der Unterrichtsstoff mal nicht im Klassenraum, sondern eben vor Ort im Museum, im Theater oder in einer Ausstellung vermittelt wird, sind nicht nur ein Highlight im täglichen Schuleinerlei. Sie stärken auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Klasse und das Selbstbewusstsein des Einzelnen. Das wird von den Eltern als große Bereicherung empfunden.

Nun sind Sie ja nicht nur für die Klasse ihrer Tochter verantwortlich, sondern als Teil des Gesamtelternvertreterinnen-Teams für alle Eltern der Schule Ansprechpartnerin. Wie sieht Ihre Bilanz nach dem ersten Schulhalbjahr aus?

Als Elternvertreterin bin ich in erster Linie Ansprechpartnerin für andere Eltern, deren Sorgen und Nöte. Viele scheinbaren Probleme auf Elternseite lassen sich schon dadurch klären, dass wir Eltern uns darüber austauschen. So sehen dann Eltern Probleme, die zu Hause noch riesengroß und unlösbar schienen, schnell mal realistischer und sind für Ratschläge anderer Eltern offen.

 

 

Mirjam Rothholz (r.) mit der Direktorin Barbara Witting und der Vorsitzenden des Fördervereins, Brigitta Hayn (l.). Hauke Cornelius

Mirjam Rothholz (r.) mit der Direktorin Barbara Witting und der Vorsitzenden des Fördervereins, Brigitta Hayn (l.). Hauke Cornelius

Zunehmend finde ich mich aber auch in einer Art Vermittlerrolle zwischen Eltern und Lehrern. Eltern klagen mir ihr Leid über den einen oder anderen Lehrer, die eine oder andere als ungerecht hoch empfundene Anforderung. Auch hier zeigt sich für mich immer wieder, dass kurze Wege und offene Gespräche dazu beitragen, dass sich beide Seiten verstanden fühlen und gemeinsam eine Lösung suchen. Oft stellt sich dabei heraus, dass alles gar nicht so schlimm war, wie es noch zu Hause am Esstisch erschien.

Den Sorgen, Nöten und Verbesserungsvorschlägen der eigenen Klasse als Elternsprecherin gerecht zu werden ist die eine Sache. Eine andere Sache ist es, die gesamte Elternschaft zu vertreten. Hier profitiere ich natürlich von der langjährigen Erfahrung von Anne Mahn, die den Job der Gesamtelternvertreterin seit fünf Jahren sehr erfolgreich bewältigt.

Mit der Schulleitung und den Lehrern arbeiten wir eng zusammen, um die Schule und die Schulelternschaft nach außen, auch gegenüber dem Schulträger, zu vertreten. Innerhalb der Schulgemeinschaft sind wir immer offen für die Gedanken, Ideen und manchmal auch Sorgen von Lehrern, Eltern und Schulleitung. So bin ich sehr froh, dass wir auf der letzten Gesamtelternvertretersitzung lange mit Frau Hayn, der Präsidentin des Fördervereins der Schule, sprechen konnten. So konnten Kontakte zwischen Eltern, Schule und Förderverein hergestellt bzw. konkretisiert werden, die uns allen helfen. Wie nennt man das so schön Neudeutsch: Synergieeffekte generieren. Auch darin sehe ich meine Aufgabe.

Schließlich gehört es zur jüdischen Tradition, sich der Gemeinschaft nicht nur zugehörig, sondern auch verpflichtet zu fühlen. Keiner wird ignoriert, keiner wird allein gelassen, keiner wird zurückgelassen. Für mich und meine Familie ist das selbstverständlich. Deshalb freue ich mich besonders, dass sich immer mehr Eltern für den Förderverein und die Schule engagieren, denn schließlich kommt es doch unseren Kindern zugute, wenn wir als Eltern dafür Sorge tragen, dass z.B. eine kaputte Tischtennisplatte auf den Schulhof schnell ersetzt oder ein dringend benötigtes Musikinstrument angeschafft wird.

Mit Blick auf die zahlreichen Veranstaltungen zum Schuljubiläum möchte ich betonen, dass sich viele Eltern regelmäßig für die Schule engagieren. Denken Sie nur an das riesige Kuchenbüffet, das mit schöner Tradition von der Elternschaft zum Schulfest ausgerichtet wird. Der Kultursplitter und die Theateraufführungen der Schüler werden gern und regelmäßig von vielen Eltern besucht. Viele Elternsprecher nehmen ihre Verantwortung sehr ernst und besuchen Fachbereichssitzungen, um dort zum einen Elterninteressen zu vertreten. Zum anderen aber auch, um über die Gesamtelternvertretung die Eltern auf dem Laufenden zu halten, was in den einzelnen Fachbereichen wichtig ist und diskutiert wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend gleich für den Eltern-Newsletter werben, den bisher ca. 250 Abonnementen beziehen. Betreut von einem Vater, Gerald Praschl, haben wir hier ein gutes Instrument, Eltern schnell und unkompliziert auf dem Laufenden zu halten. Manchmal habe ich ein Sitzungsprotokoll schon in meiner Mailbox, wenn ich noch auf dem Heimweg bin.

Über jgmmendelssohngev@me.com können interessierte Eltern den Newsletter abonnieren.

 

Das Gespräch führte Hauke Cornelius.