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Ein Zeichen der Hoffnung
07.Mai 2009 | Pressemitteilung | Gemeinde
Geschäftsführer André Lossin anlässlich der Eröffnung der Kinderkrippe am 07.05.2009 in der Delbrückstraße
Ich bin sehr glücklich, dass wir nun endlich die erste Kinderkrippe der jüdischen Gemeinde zu Berlin für Kleinstkinder ab dem 7. Monat eröffnet haben.
Diese Errungenschaft ist vor allem ein Ergebnis der gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen der letzten 20 Jahre, nicht nur in der bundesdeutschen Gesellschaft, sondern auch innerhalb der Jüdischen Gemeinde. Lange herrschte, und manchmal noch bis heute, die allgemeine Vorstellung vor, dass Frauen nach der Geburt ihres Kindes, auch wenn sie zuvor einen Job hatten, doch lieber zu Hause bleiben sollten, um ihr Kind über mehrere Jahre zu versorgen.
Noch in den sechziger Jahren, als ich geboren wurde, gab es weder einen gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz noch auf einen KiTa-Platz. So war meine Mutter gezwungen, längere Zeit aus ihrem für sie geliebten Job auszusteigen, obwohl sich beide - meine Mutter und mein Vater - einig waren, dass meine Mutter nach meiner Geburt weiterarbeiten solle. Einen Kita-Platz gab es eben frühestens ab dem dritten Lebensjahr und wer Glück hatte, war bis dahin bei Oma.
Heute ist es zum Glück anders.
Aufgrund der in den letzten Jahren sehr breiten und zum Teil sehr heftig öffentlich geführten Debatte über die beruflichen Chancen von Frauen, über ihre gesellschaftliche Rolle und ihren zügigen Wiedereinstieg in das Berufsleben, hat sich das allgemeine gesellschaftliche Rollenverständnis bei Männern und bei Frauen grundlegend gewandelt. Dieses neue Rollenverständnis ist auch bei den großen Parteien angekommen.
Bei der Krippeneröffnung am 7.5.2009: (v.l.n.r. Rabbinerin Gesa Ederberg, Kantorin Avital Gerstetter, Yael Botsch-Fitterling, stellvertretende Gemeindevorsitzende Mirjam Marcus, RV-Vorsitzender Michael Joachim, Ruth Galinski, Gemeindevorsitzende Lala Süsskind, Geschäftsführer André Lossin)
Das Anliegen der Politik, berufstätige Frauen mit Kinderwunsch bildungspolitisch und arbeitsmarktpolitisch zu unterstützen, ist sehr zu begrüßen. Denn durch solche Investitionen wie die Einrichtung von Krippen können Frauen ihre Kinder eben schon frühzeitig zur Betreuung abgeben und ihren Berufsweg trotzdem weiter verfolgen.
Mit diesen politischen Zielen sind sich die Bundesregierung und der Senat von Berlin einig. Diesem politischen Willen muss eine hohe Anerkennung gezollt werden.
Unser besonderer Dank gilt dem Bund, aber vor allem der Senatsjugendverwaltung von Berlin, namentlich Frau Dr. Rautenberg und Herrn Nachmann, die uns bei der Abwicklung dieses Projektes tatkräftig unterstützt haben. Somit können wir nun nach recht kurzer Zeit, genau genommen nach sechs Monaten, diese Krippe eröffnen.
Die Eröffnung einer Krippe ist zugleich ein Zeichen der Hoffnung in Zeiten der schlimmsten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik und weltweit seit 1948. Eine Wirtschaftskrise erzeugt immer eine dramatische Zunahme von Erwerbslosigkeit und die ersten Erwerbslosen waren bisher Frauen und dann speziell Immigrantinnen und Immigranten.
Die meisten Bildungsökonomen sind sich darin einig, dass der Ausbau von Krippen ein wesentlicher Baustein zur Integration von Familien mit Migrationshintergrund und deren Kindern darstellt. Ihre Beteiligung am Bildungssystem ist aus vielen Gründen erheblich eingeschränkt. Je früher die Kinder aber sprachlich und sozial gefördert werden, desto größer sind ihre Chancen, aufgrund einer guten Ausbildung vor drohender Erwerbslosigkeit geschützt zu sein.
Dies ist besonders deutlich geworden im Zusammenhang mit der Pisa-Studie aus dem Jahr 2000. Erst seitdem hat sich anhand der damals festgestellten schlechten Ergebnissen des bundesdeutschen Bildungssystems die Erkenntnis durchgesetzt, dass insbesondere Kinder bzw. Kleinstkinder aus Immigrantenfamilien bessere Bildungsperspektiven brauchen. Nicht nur in dieser Studie wurde festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen Testergebnis und sozialer Herkunft in Deutschland so stark ist wie fast nirgendwo sonst.
Der jüdische Kindergarten bietet ein hoch qualifiziertes Förderangebot. Dazu gehört Sprachunterricht, Einführung in die jüdische Religion usw. Dazu müssen die ErzieherInnen regelmäßig qualifiziert werden, aber auch die Vergütung für sie muss stimmen.
Dieses Angebot muss selbstverständlich immer weiter entwickelt werden, um den vielfältigen bildungspolitischen Anforderungen, die permanent formuliert werden, gerecht zu werden. Ich würde mir wünschen, dass uns der Senat zusammen mit der Liga der Wohlfahrtverbände und dem Dachverband der freien Träger hier stärker unterstützen würde.
Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir bei der Sanierung der KiTa im Rahmen des Konjunkturprogramms II mit der gleichen großartigen Unterstützung des Senats rechnen könnten wie beim Krippenausbau. Das würde uns dabei helfen, die auf hohem Niveau bestehende Kinderbetreuung für die jüdischen Kinder an diesem Ort in den nächsten Jahrzehnten fortzuführen.
jüdisches berlin
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