Beitragssuche
Die Speise, die die Seele braucht
01.Mai 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Religion
Rabbiner Yitshak Ehrenberg über das Schawuotfest
Am Schawuotfest empfing das Volk Israel die Tora des Lebens – »Groß ist die Tora, sie gibt Leben denen, die sie befolgen« (Awot 6:7).
In einem Midrasch innerhalb des Talmud wird das Gleichnis eines Dorfbewohners gebracht, der sich mit einer Königstochter verlobte. Eines Tages entschloss er sich, sie im Palast ihres Vaters zu besuchen. Um seine Verlobte zu erfreuen, suchte er in seinem Dorf nach einem schönen Geschenk für sie. Er wählte das schönste Schmuckstück, das es in seiner Gegend gab und dachte in seiner Einfalt, er würde seine Braut damit sehr glücklich machen. Doch war ihre Enttäuschung über das Geschenk groß. Die Prinzessin, die im Haus ihres Vaters in der Hauptstadt wohnte, war an Schmuck ganz anderer Güteklasse gewöhnt.
Das ist ein Gleichnis für das Verhältnis von Körper und Seele des Menschen. Der Körper entspricht dem Dörfler, die Seele der Königstochter, dem Ebenbild G’ttes. Der Körper versucht, die hungrige Seele mit materiellen Dingen zu befriedigen, mit Essen, Vergnügungen usw. »und dennoch wird die Seele nicht satt« (Kohelet 6:7). Sie kann keine Befriedigung durch Materielles finden. Aufgrund ihrer G’ttesebenbildlichkeit wird sie wie durch die Kraft eines Magneten nach oben, zum Ewigen gezogen, zu ihrem Ursprung. Der stoffliche Mensch, aus Erde geschaffen, wird nach unten zum Stofflichen gezogen.
Der Mensch empfängt vom Ewigen seine Seele, damit er ein heiliges und erhabenes Leben führt. Die Seele des Menschen hungert nach der Speise, die sie aus der Welt, aus der sie stammt – aus der oberen Welt – gewöhnt ist. Bei den Tieren gibt es keine Jagd nach Luxus. Wer seinen Anteil bekommen hat, ist ruhig. Die Seele des Menschen ist unruhig, sie möchte immer mehr, weil das Materielle nicht ihre eigentliche Nahrung ist.
Was ist die Speise, die die Seele braucht? Eine der Grundlagen des jüdischen Glaubens ist der Glaube, dass die Tora vom Himmel ist. »Wir glauben mit vollkommenem Glauben, dass die ganze Tora unserem Lehrer Mose, der Friede sei auf ihm, gegeben wurde« (13 Glaubensartikel von Maimonides). Die Tora und die Mizwot sind die geistige Speise, die richtig ist für den Menschen. Diese gibt der Seele Befriedigung. Die heilige Seele braucht heilige Nahrung. Die Tora ist der Weg des Lebens.
Milliarden von Menschen leben auf der Welt. Würden wir von oben auf die Welt schauen, so würden wir sehen, wie alle hasten und rennen. Wohin rennen sie? Was suchen sie? Alle suchen Glück und Befriedigung.
Das Volk Israel erfuhr am Schawuotfest eine völlige Umwandlung. Aus einem Volk von Sklaven unter der Herrschaft Ägyptens wurde es zu einem freien Volk, das fähig war, die Tora zu empfangen und nach ihr zu leben. Durch die Gabe der Tora wurde dem Volk Israel die geistige Nähe zum Ewigen geschenkt. Unsere Weisen sel. A. sagen, dass in der Zeit der Gabe der Tora »ihre Seele wieder zum Leben erblühte« und heiliger zurückkehrte (Schmot Rabba 29). Das ist die Verbindung des Volkes Israel mit dem Ewigen, der Bund. Unsere Weisen sel. A. sagen, dass, wenn man sagt, dass auch bei den Nichtjuden Weisheit zu finden ist, man es glauben soll; wenn man sagt, sie hätten Tora, es nicht glauben soll. In der Tora ist Weisheit, doch in der Weisheit gibt es keine Tora. Daher findet sich in ihr auch nicht die Heiligkeit der Tora, nicht die heilige Speise, die die Seele benötigt. Diese Nahrung findet sich allein in der Tora, die der Ewige am Sinai am Schawuotfest gegeben hat. Das ist die Tora, die uns seit jener Zeit begleitet. Als wir in Erez Israel waren und danach zweitausend Jahre in der Diaspora, war die Tora immer bei uns. Das ist sie bis heute, auch nachdem das Volk Israel in sein Land und in seine Heimat zurückgekehrt ist.
G’tt sei Dank, heute lernen Hunderttausende Juden Tora: Männer, Frauen und Kinder. Immer mehr Juden kehren in ihr Land zurück, und immer mehr lernen Tora und halten die Mizwot. In diesem Licht der Tora leben wir, freuen uns und sind glücklich.
Chag Sameach,
Rabbiner Yitshak Ehrenberg
Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
jüdisches berlin
2012_24 Alle Ausgaben
- Dezember 2024
- November 2024
- Oktober 2024
- September 2024
- Juni 2024
- Mai 2024
- April 2024
- März 2024
- Februar 2024
- Januar 2024
- Dezember 2023
- November 2023
- Oktober 2023
- September 2023
- Juni 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Februar 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- September 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Februar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- Januar 2018
- März 2021
- Februar 2021
- Mai 2020
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- September 2020
- Oktober 2020
- Juni 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- September 2019
- November 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Dezember 2018
- Januar 2019
- Mai 2015
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2015
- März 2015
- März 2018
- Februar 2017
- Februar 2018
- fileadmin/redaktion/jb197_okt2017.pdf
- September 2017
- Juni 2017
- April 2017
- November 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2017
- Dezember 2015
- November 2015
- September 2015
- Juni 2015
- Oktober 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Januar 2022
- Oktober 2014
- September 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012