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Die Mizwa, in Freude zu sein
19.März 2024 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde, Feiertage
Gedanken zu Purim von Gemeinderabbinerin Gesa Ederberg
In diesem Jahr haben wir ein Schaltjahr, das bedeutet, es gibt den Monat Adar doppelt. Die Rabbinen sagen: »mi-sche-nichnas Adar, marbim be-simcha«: wenn Adar anfängt, vergrößert man die Freude, oder anders übersetzt, soll man die Freude vergrößern.
Man könnte fast annehmen, dass der Kalender uns dieses Jahr helfen will und uns nicht nur zwei sondern sechs Wochen Zeit gibt, uns auf die Freude von Purim vorzubereiten! Seit dem brutalen Überfall der Hamas auf israelische Kinder, Alte, Frauen und Männer fällt es uns schon jeden Schabbat schwer, aus dem Alltag der Woche in die Ruhe des Schabbat hineinzufinden. Und es geht ja immer noch weiter. Wir denken an die Geiseln und können uns gar nicht vorstellen, was sie durchmachen, an die israelischen Soldaten und Soldatinnen, aber auch an alle bei uns und im Rest der Welt, die Antisemitismus erleben.
Und wie wollen wir da überhaupt die Purim-Freude finden? »Mizwa gedola lihjot be-simcha« – es ist eine große Mizwa, in der Freude zu sein – sagte Rabbi Nachman von Bratslav, und dass er das so sagt, zeigt ja, dass es auch für ihn nicht immer leicht war, die Freude aufrecht zu erhalten. Welche Freude ist damit gemeint? Sicher nicht eine primitive Freude darüber, dass es unseren Feinden schlecht geht, auch wenn wir in der Purimgeschichte davon Anklänge lesen. Es geht um eine tiefe Freude am Leben, daran jüdisch zu sein, eine tiefe Wertschätzung von Familie und Gemeinschaft, immer wieder auch »aus Daffke«, wie die Berliner sagen, aus einem gewissen Trotz heraus – wir lassen uns weder von den Umständen noch von Antisemitismus unser Judentum kaputt machen. Ich weiß, wie schwer das ist, wenn wir sicherheitshalber Davidssterne unter dem T-Shirt tragen, und uns genau überlegen, wem gegenüber wir zeigen, dass wir jüdisch sind. Und dass es in der jüdischen Geschichte immer wieder Wellen von Antisemitismus gab, ist wirklich auch kein Trost.
Wie finden wir dennoch Freude? Freunde in Israel erzählten mir neulich, dass es die Enkelkinder sind, die ihnen Normalität und, ja, auch Freude ermöglichen: Für die Kinder soll das Leben so gut wie möglich weitergehen. Und vielleicht ist das auch für uns die Lösung in diesem Jahr: Wir gestalten Räume für unsere Kinder, in denen sie jüdisches Leben als Selbstverständlichkeit erleben können, geschützt vor dem, was ihnen draußen begegnet, gerade auch zu Purim. Und wenn wir dieses Jahr die Purimkostüme vielleicht lieber in einer Tasche mitbringen und uns erst in der Synagoge, der Schule oder im Gemeindehaus umziehen, dann ist das klug. Aber das Feiern lassen wir uns nicht nehmen! Und es gibt psychologische Untersuchungen, die sagen, dass, wenn man einfach lacht, auch wenn man sich nicht unbedingt danach fühlt, man sich anschließend tatsächlich schon besser fühlt!
Vielleicht ist es dieses Jahr besonders wichtig, dass wir uns an die vier Mizwot von Purim erinnern und sie tun: Die Megila zu hören bringt uns als jüdische Gemeinschaft zusammen. Mischloach Manot, das Schicken von Geschenken unter Freunden zeigt uns, dass wir einander wichtig sind. Auch die »Seudat Mizwa«, die festliche Mahlzeit, schafft Gemeinschaft. Und vor allem der vierten Mizwa, Matanot la-Ewjonim, Geschenke für Bedürftige, kann man dieses Jahr einen besonderen Bezug zu Israel geben – verschiedene Organisationen bieten an, solche Geschenke an Betroffene in Israel weiterzugeben.
Ich wünsche uns allen, vor allem unseren Kindern:
Purim Sameach!
jüdisches berlin
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