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»Die Hochzeit kommt!«
01.Dezember 2012 | Beiträge – jüdisches berlin | Jugend
Schüler/innen unseres Gymnasiums traten am historischen Ort des Palais der Familie Mendelssohn Bartholdy auf
Bundesrat und Hochzeit, wie passt das zusammen? Eine Verbindung herzustellen fällt vielleicht leichter, wenn man weiß, dass auf dem Grundstück des Bundesrates in der Leipziger Straße 3 einst das Palais der Familie Mendelssohn Bartholdy stand, das vom Bankier Abraham Mendelssohn Bartholdy, dem Sohn des Philosophen Moses Mendelssohn, 1825 erworben wurde. Neben dem Sohn des Hausherren, Felix Mendelssohn Bartholdy, musizierte hier auch dessen ältere Schwester Fanny. Fanny schrieb auch das allegorische Festspiel »Die Hochzeit kommt«, das der Veranstaltung am 22. November im Plenarsaal des Bundesrates nicht nur den Namen, sondern auch das Thema gab.
Neben dem 1829 entstandenen Festspiel erklangen Auszüge aus der Oper »Die Hochzeit des Camacho« sowie aus dem Singspiel »Die Heimkehr aus der Fremde« von Felix Mendelssohn Bartholdy. Den musikalischen Teil gestalteten Solisten der Universität der Künste sowie Evgeny Nikiforov und Andreas Lisius am Klavier.
Zwischen den musikalischen Darbietungen liehen Schülerinnen und Schüler des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn ihrem Namenspatron und dessen Frau Fromet sowie Wilhelm und Fanny Hensel ihre Stimmen und brachten Auszüge aus den Braut- und Ehebriefen zu Gehör. Zusammengestellt wurden die Auszüge von Sabine Svoboda und Andrea Mönch, die gemeinsam die Einstudierung mit Neunt- und Zehntklässlern des Jüdischen Gymnasiums übernahmen.
Die beiden Theaterpädagoginnen verstanden es dabei, sowohl den Humor der Briefeschreiber als auch die Brisanz der Zeitgeschichte in die Vorträge einfließen zu lassen. So lässt der einzeln oder im Chor vorgetragene Briefwechsel zwischen Moses und Fromet keinen Zweifel an der großen Liebe der beiden füreinander. Andererseits zeigen sich aber auch ihre Sorgen bezüglich der Niederlassungsrechte, denn Fromet aus Hamburg und Moses aus Dessau schickten sich an, »eine Berliner Zuwandererfamilie [zu werden], die aus schwierigsten Startbedingungen zu großer kultureller Bedeutung für Preußen und Deutschland gelangte«, wie die Mendelssohn-Gesellschaft feststellte, die eben diese Familie und deren 250. Hochzeitstag am 22. Juni 1762 in den Mittelpunkt des Veranstaltungsjahres 2012 gestellt hat.
Proben am historischen Ort: Nelly, Atau, Eleonora und Marie (v.l.n.r.), Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klasse des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, proben im Plenarsaal des Bundesrates die szenische Lesung der Braut- und Ehebriefe.
Fanny, die Enkeltochter von Moses und Fromet, konnte sich, anders als ihre Großeltern, ganz darauf konzentrieren, ihr musikalisches Talent weiterzuentwickeln. Seit 1823 veranstaltete die Familie Mendelssohn in ihrem Palais die berühmt gewordenen »Sonntagsmusiken«, und Fanny übernahm von 1831 bis zu ihrem Tod 1847 vollständig deren Gestaltung. Sie schrieb sogar für ihre eigene Hochzeit mit dem Hofmaler und Mitglied der Akademie der Künste, Wilhelm Hensel, im Jahr 1829 ein Präludium für Orgel. Ihr Briefwechsel mit ihrem Verlobten und späteren Ehemann zeugt von großer Liebe und gegenseitigem Verständnis, macht aber auch deutlich, dass ihr jüngerer Bruder Felix für sie ebenso wichtig war; mit ihm stand sie stets in engem musikalischen, brieflichen und persönlichen Austausch.
Während man den jungen Stimmen, ob singend oder lesend, lauschte, glitt der geneigte Zuhörer immer mehr hinein in die Zeit der Mendelssohns in Berlin. Wen wunderte es da, dass sich viele erstaunt die Augen rieben, als das Licht anging und man sich im modernen Plenarsaal der Bundesrates wiederfand und nicht im Saal des Gartenhauses, in dem Fanny und Felix die »Sonntagsmusiken« bestritten.
Am 16. Dezember heißt es in der Talmud-Tora-Schule im Hamburger Grindelhof noch einmal: »Die Hochzeit kommt!«.
Hauke Cornelius
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