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Die häufigsten Fragen von Eltern
01.Januar 2018 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde
zu den Streiks an den Jüdischen Schulen und die Antworten darauf vom Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Dr. Gideon Joffe
1. Herr Dr. Joffe, es gab letzte Woche Streiks, diese Woche wieder. Wird die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft demnächst wieder zum Streik rufen?
In diesem Punkt ist die GEW für uns und für viele Privatschulen in Berlin unberechenbar. Bei uns ist die GEW überaktiv. An anderen Schulen mit wirklich miserablen Verhältnissen zeigen sie eher weniger Einsatz.
Viele Eltern und Lehrer bei uns haben absolut kein Verständnis für die Streiks. Ich will mich sehr herzlich bei unserer Schulleitung, bei vielen Lehrerinnen und Lehrern und bei den Erzieherinnen und Erziehern bedanken, die den Unterricht während der Streiktage in der 1. bis 4. Stunde gewährleisten und auch die Betreuung danach. Wirklich herzlichen Dank!
2. Warum ruft die GEW zu Streiks auf?
Auch hier überwiegen bei uns Fragezeichen. Früher mal hat die GEW Lehrerinnen und Lehrer zum Streiken aufgerufen, die zu wenig verdienen. Jetzt ruft die GEW auch gutverdienende Lehrerinnen und Lehrer zum Streiken auf. Unsere Lehrer verdienen genauso viel und teilweise sogar mehr als Kolleginnen und Kollegen an anderen Berliner Privatschulen.
3. Die GEW will mit der Jüdischen Gemeinde einen Tarifvertrag abschließen. Warum schließen Sie diesen Tarifvertrag nicht ab?
Es gibt 150 Privatschulen in Berlin. Nur zwei Träger davon haben einen Tarifvertrag. Es ist also völlig normal, als Privatschule keinen Tarifvertrag zu schließen.
4. Warum zahlen Sie nicht die Gehälter, die Lehrerinnen und Lehrer wollen und die dem öffentlichen Tarif entsprechen?
Es gibt, wie gesagt, in Berlin nur zwei private Träger mit einem Tarifvertrag: die Kant-Schulen und ein evangelischer Träger. Diese Schulen sind finanziell durch das Schulgeld sehr gut gestellt. Unser Schulgeld hingegen liegt bei vielen Schülern der Heinz-Galinski-Grundschule bei 33,- Euro. Genau genommen zahlen 110 Kinderalso ein Drittel der Grundschüler dieses niedrige Schulgeld. Zusammen bringen sie monatlich eine Summe von rund 3.000,- Euro auf. Die Kantschule bekommt pro Kind mindestens 500,- Euro. Von 110 Kindern zusammen hat die Kantschule monatlich also mindestens 55.000 Euro. Davon lassen sich sehr komfortabel Lehrerinnen und Lehrer finanzieren.
5. Warum sollten Lehrerinnen und Lehrer an Jüdischen Schulen bleiben, wenn Sie an öffentlichen Schulen mehr verdienen?
Trotz niedrigerer Gehälter entscheiden sich viele Lehrerinnen und Lehrer bewusst für Privatschulen, weil die Arbeitsbedingungen an Privatschulen besser sind. An öffentlichen Schulen sind die Klassen teilweise doppelt so groß wie an unseren Schulen. Privatschulen zahlen zwar weniger Gehalt, bieten aber bessere Arbeitsbedingungen und damit eine höhere Lebensqualität. Die jüdischen Privatschulen bieten sogar aufgrund der zusätzlichen jüdischen Feiertage mehr Urlaubstage. Die guten Arbeitsbedingungen an der Heinz-Galinski-Schule haben sich herumgesprochen. Wir erhalten viele Bewerbungen von Lehrerinnen und Lehrern von privaten und öffentlichen Schulen, die zu uns wechseln wollen.
6. An den jüdischen Schulen arbeiten zu wenig Lehrerinnen und Lehrer. Warum stellen Sie nicht mehr Lehrerinnen und Lehrer ein?
An unseren Schulen sind alle Fächer und Stunden abgedeckt. Wir haben keine Mittel, um Lehrerinnen und Lehrer über Bedarf einzustellen.
Wie alle Privatschulen erhalten wir vom Senat für unsere Lehrer und Erzieher 93% des Gehalts eines öffentlich angestellten Lehrers oder Erziehers. Das ist im Privatschulgesetz so geregelt. Aber das sind nur 93 Prozent der Personalkosten - und diese 93% decken nur 2/3 der Gesamtkosten einer Schule! Ein weiteres Drittel der Kosten müssen wir allein stemmen. Dies entspräche zum Beispiel an der Grundschule dem jährlichen Betrag von 1 Mio. EUR. Die Grundschule aber erwirtschaftet mit dem Schulgeld nicht einmal die Hälfte. Wir müssen mit Schulgebühren auch Gebäudereinigungen, Schulhöfe, Gartenpflege, Baumaßnahmen, Schulbusse, Ferienbetreuung und, und, und finanzieren.
Sogar Privatschulen mit höherem Schuldgeld als bei den Jüdischen Schulen schaffen es nicht, Lehrergehälter nach öffentlichem Tarif zu bezahlen. Die jüdischen Privatschulen in Berlin - mit so wenig Schulgeldeinnahmen - schaffen es natürlich erst recht nicht.
7. Einige Lehrer an der Grundschule beschweren sich über einen höheren Arbeitsaufwand seit dem neuen Schuljahr. Müssen die Lehrer nun mehr arbeiten?
Nein, die Lehrer arbeiten genauso viele Stunden wie vorher, nur haben wir die vorhandenen Kapazitäten besser verteilt. Unter der alten Schulleitung war es üblich, dass ein Fachlehrer für Deutsch und Mathe auch Fächer wie Kunst, Sport, Förderunterricht und Chugim (Nachmittagsaktivitäten) unterrichtet hat. Es war natürlich sehr angenehm zusammen mit den »weichen« Fächern auf seine Stundenzahl zu kommen, zumal für Kunst, Sport, Förderunterricht und Chugim keine Klassenarbeiten vorbereitet und kontrolliert werden müssen. Auch der Förderunterricht, an dem in der Regel nur eine Handvoll Kinder teilnehmen, lässt sich gut anders organisieren. Das haben wir jetzt gemacht.
Auch der Sport und Kunstunterricht wurde für die Kinder optimiert und findet jetzt mit muttersprachlichen Fachkräften auf Englisch oder Hebräisch statt. Die Fachlehrer für Mathe, Deutsch und Sachkunde konzentrieren sich jetzt verstärkt auf die Kernfächer. Was an anderen Grundschulen schon immer zum regulären Alltag gehörte, wurde nunmehr auch an unserer Grundschule umgesetzt. Einen Grund deswegen zu streiken, sehen wir darin nicht.
8. Die Gesamtelternsprecher rufen Eltern zum Mitstreiken auf. Wie ist die Kommunikation zwischen Gesamtelternvertreterinnen und
Gemeindeleitung?
Die Kommunikation mit den Eltern ist sehr gut und für unsere Arbeit sehr wichtig. Auch die gute Kommunikation mit den Gesamtelternvertreterinnen ist uns wichtig. Aber mit den aktuellen Elternvertreterinnen ist das leider nicht möglich. Informationen von ihnen sind entweder falsch oder destruktiv. Sie vertreten Partikularinteressen. Eine Elternvertreterin an der Grundschule z. B. will partout das Schulgeld verdoppeln. Die Hälfte der Eltern sind Geringverdiener und müssten dann gehen. Diese Hälfte wird schon mal durch diese Elternsprecherin nicht vertreten. Sie hat auch massiv gegen die Einrichtung einer vierten Einschulungsklasse agiert. Ihre Hauptsorge war, dass ein Spielzimmer verloren geht. Aber mir ist lieber, wir verlieren ein Spielzimmer und wir gewinnen Dutzende von jüdischen Mädchen und Jungen. Deswegen haben wir in diesem Jahr eine vierte Erste Klasse eröffnet und wir werden auch im nächsten Jahr wieder die Ersten Klassen vierzügig eröffnen.
9. Haben Sie Verständnis für den Streik der Lehrer?
Absolut nicht! Natürlich wäre es schön für Lehrer, die Arbeitsbedingungen einer Privatschule und das Gehalt einer öffentlichen Schule zu haben. Aber die eierlegende Wollmilchgiraffe können wir nicht bieten!
Es ist abstrus: Viele Lehrer verstehen die streikenden Kollegen nicht. Viele Eltern verstehen die Elternvertreterinnen nicht, dass sie zum Streik aufrufen. Und dennoch wird gestreikt. Es ist an der Zeit, dass Eltern vor allem einer Person deutlich ihre Meinung sagen: Der Gesamtelternvertreterin, die für den Träger einer anderen jüdischen Schule arbeitet. Die Lehrer dieser anderen jüdischen Schule können leider von den Gehältern unserer Lehrer nur träumen. Es würde mehr Sinn machen, wenn sich die Gesamtelternvertreterin für bessere Arbeitsbedingungen für gering verdienende Lehrer in ihrem direkten Arbeitsumfeld einsetzte, statt für höhere Gehälter für Lehrer zu kämpfen, die ohnehin zu den bestverdienenden Lehrern der Stadt zählen. Sie ruft Lehrer und Eltern unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Streik auf. Sie entschuldigt bei den Elternsprechern ihre bewusst gestreuten Falschinformationen damit, dass sie dem wichtigen Ziel dienten, den Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu schwächen. Jede der Elternvertreterinnen vertritt diverse Eigeninteressen, aber nicht die der Eltern der HGS und der JOS.
10. Die Lehrer der Jüdischen Schulen bitten die GEW um Unterstützung ihrer Forderungen. DIE GEW kommt dieser Unterstützung nach. Was ist daran so falsch?
Die GEW muss unsere Lehrer offen und ehrlich informieren, dass es Dutzende von Schulen in Berlin gibt, um die sie sich prioritär kümmern muss, und zwar wegen schlechter Bezahlung, schlechter Ausstattung, maroder Gebäude, hoher Lehrerfluktuation und, und, und. Sie sollte unseren Lehrern ehrlich sagen: Euch geht es doch gut. Wir sind für die Lehrer da, bei denen es nicht so läuft wie bei Euch - und davon gibt es eine Menge.
11. Welche Schlichtungsmechanismen gibt es zwischen der Jüdischen Gemeinde und den Lehrern der jüdischen Schulen, ohne die GEW?
Das Grundgesetz garantiert der Jüdischen Gemeinde ein kirchliches Selbstbestimmungsrecht. Mit anderen Worten hat sie das gesetzlich verankerte Recht, Ämter ohne Mitwirkung des Staates zu verleihen, weil der Staat keine religiöse Kompetenz besitzt - ebenso wenig wie die GEW. Die sieht in unseren Schulen nur eine weltliche Bildungseinrichtung. Aber jüdische Schulen sind mehr. Die Jüdische Gemeinde verwirklicht in ihren Schulen ein Stück unseres jüdischen G›ttesauftrages. Die Dienste, die wir im religiösen Auftrag erbringen, können nicht einfach ausgesetzt werden. Konfliktlösung funktioniert in der Jüdischen Gemeinde nicht über Kampf! Zusammenhalt, Verständnis für die andere Seite und Verhandlungen im Konsens sind wichtige Werte und Ziele in unserer Gemeinschaft. Wir wollen unseren Kindern diese Werte weitergeben und müssen sie ihnen vorleben. Wir haben Gremien, in denen wir uns auseinandersetzen können. Es gibt z. B. den Schulausschuss, in dem Vertreter von Lehrern und des Vorstandes zusammenkommen können. Es gibt auch die Möglichkeit der Einberufung einer Arbeitsgruppe mit unabhängigen ehrenamtlichen Fachleuten, die relevante Zahlen für alle transparent aufbereiten können. Mit Sicherheit werden wir ebenso wie die katholischen oder muslimischen Einrichtungen an unserem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht festhalten!
12. Wird es zwischen der Jüdischen Gemeinde und der GEW zu Gesprächen kommen?
Voraussetzung für gute Gespräche ist Vertrauen. Doch leider lässt uns die GEW seit vielen Jahren im Stich, was Antisemitismus angeht. Dutzende jüdischer Schülerinnen und Schüler verließen in den letzten 10 Jahren wegen antisemitischer Hetze öffentlich Schulen- und wurden von den Schulen der Jüdischen Gemeinden aufgenommen. In all den Jahren hat die Jüdische Gemeinde keinen Ton des Protests seitens der GEW gehört. Es fehlen GEW-Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer zum Umgang mit antisemitischen Krawall-Äußerungen von randalierenden Schülern bzw. Schülerbanden. Weil Lehrer das Thema Holocaust meiden oder kürzen, wissen heute 40 Prozent aller Jugendlichen über 14 Jahre nicht, wofür Auschwitz steht - so berichtet der SPIEGEL. Gerade vor diesem aktuellen Hintergrund stünde es der GEW gut an, wenn sie sich eindeutig von ihrem ersten Bundesvorsitzenden Max Traeger und seiner Verwicklung im Nationalsozialistischen Lehrerbund distanzieren würde. Ein ausgesprochenes Partikularinteresse hinsichtlich Juden und auch Israel offenbart sich in verschiedenen Flügelkämpfen innerhalb der GEW. So steht der gesamte Vorstand der GEW Niedersachsen hinter dem Lehrer Christoph Glanz, der im letzten Jahr zum Boykott von israelischen Gütern und auch israelischen Künstlern aufrief. Und auch die GEW Hessen führte mit ihren Pädagogen vor zwei Jahren eine Studienreise nach Palästina/ Israel« durch und besuchte tagelang Organisationen, die auf der „Who is who«-Liste der anti-israelischen palästinensischen Aktivisten stehen. Für Israel war nur eine Stippvisite vorgesehen. Kein Wunder, wenn derart indoktrinierte Lehrer daheim dem Hass auf Juden nur wenig entgegensetzen.
Das Interesse der GEW Berlin an Störungen des jüdischen Schulbetriebs ist „pathologisch«: Die GEW hat die Berliner Jüdischen Schulen in letzter Zeit schon sieben Mal bestreikt - allein drei Mal im letzten Halbjahr. Katholische oder muslimische Schulen hingegen wurden im selben Zeitraum kein einziges Mal von der GEW bestreikt - Die GEW Berlin hat sich als Gesprächspartner für die Jüdische Gemeinde disqualifiziert.
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