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Der Liebesspion und sein Lehrer
02.November 2011 | Beiträge – jüdisches berlin | Kultur
JVHS zeigt Avi Neshers »The Matchmaker« als Deutschlandpremiere
Haifa, 2006, während des Libanonkrieges. Völlig unerwartet erfährt Arik Burstein, dass er eine große Erbschaft gemacht hat. Den Verstorbenen hat er als Jugendlicher zum letzten Mal gesehen… Seine Gedanken schweifen zurück in die Vergangenheit.
Haifa, 1968, der 16-jährige Arik lernt in seinen Sommerferien Jankele Bride kennen, einen rumänischen Schoa-Überlebenden und ehemaligen Schulkameraden seines Vaters, der seinen Lebensunterhalt als Heiratsvermittler verdient. Bride, der selbst nur eine platonische Liebe hat, ist auf schwierige Fälle spezialisiert, sein Motto: Jeder Mensch ist etwas Besonderes, und es gibt keine aussichtslosen Fälle.
Er nimmt Arik unter seine Fittiche, lehrt ihn genau hinzusehen, Frauen und Männer zu erkennen, die einsam und damit potentielle Klienten sind, Zeitungsanzeigen nach Verwitweten zu durchstöbern und er stellt ihn als »Spion« an, der herausfinden soll, ob seine Kunden wirklich liebebedürftig sind. Denn Jankele ist davon überzeugt, dass er den Menschen nicht besorgt, »was sie wollen, sondern was sie brauchen«.
Die meisten von ihnen wohnen in der Unterstadt, in den Armenvierteln von Haifa, in der Nähe des Hafens, zwischen Kleinkriminellen, Schmugglern, Prostituierten und zwielichtigen Gestalten.
Jankele hat hier sein Büro, neben einem Kino, das von einer kleinwüchsigen Familie betrieben wird. Die hübsche, aber wegen ihres Zwergenwuchses noch immer unbemannte Kinobesitzerin Sylvia, die die Experimente Josef Mengeles überlebt hat, zeigt hier nur Filme über die Liebe (»Was ist wichtiger als Liebe, nach all dem?!«).
Arik öffnet sich eine neue Welt, in der die Erwachsenen mit den Wunden ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben, er lernt Menschen kennen, deren Normalität so fragil ist, dass sie bei der kleinsten Gelegenheit zerbricht, die Traumatisierten aus den Lagern, die sich schämen, dass sie überlebt haben und genießen wollen, Leute wie Jankele, die kein Essen umkommen lassen können, die wie die schöne Madame Clara charmant und witzig sind, aber die Nächte mit Kartenspielen verbringen, weil sie von Alpträumen verfolgt werden und nicht schlafen können.
Arik erlebt den verklemmte Bibliothekar Meir, der von Bride ermutigt zum eifersüchtigen Zerstörer wird, er erlebt die Sprachlosigkeit seines eigenen Vaters und seine Mutter, die ihren Mann nicht verstehen kann, da sie im Land geboren ist. Und er erlebt seine eigene erste pubertäre Liebesgeschichte mit der aufmüpfigen Tamara, der amerikanischen Cousine seines besten Freundes, die ihre Ferien in Israel verbringt und alle Jungs in der Umgebung verrückt macht.
Es geht um die vielfältigen Inkarnationen von Freundschaft und Liebe in diesem Film, um das Erwachsenwerden, um Hoffnungen, um die Vereinigung glückloser Seelen, das Überleben nach dem Überleben.
Avi Nesher hat einen starken Film mit starken Charakteren geschaffen, aus einer Zeit, als im jungen Israel die Vergangenheit auf die Zukunft traf, das Trauma der Erinnerung auf die kulturellen Umbrüche der 60er Jahre, ein alter Melancholiker auf einen verwirrten Teenager, ein Jankele auf einen Arik.
Judith Kessler
_»The Matchmaker«, IL 2010 (Hebräisch, deutsche UT)
So 20.11., 18 Uhr, Kino »Die Kurbel«, Giesebrechtstraße 4, 10629 Berlin
Karten (7,-/4,-): 88 91 59 98
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