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Das Ritual feiern
01.März 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Feiertage, Politik
Eine neue Haggada mit prächtigen alten Illustrationen und Umschrift
Als die Eltern von Rabbiner Michael Shire aus Deutschland fliehen mussten, hätten sie sich nie vorstellen können, dass in Deutschland je wieder eine Haggada erscheinen würde. Die neue deutsche Ausgabe, die pünktlich zum diesjährigen Pessachfest im Berliner Verlag Hentrich & Hentrich erscheint, ist ein Zeichen dafür, dass nach Flucht und Verfolgung wieder neues jüdisches Leben entstanden ist, und sie ist ein Werk vieler Hände in Vergangenheit und Gegenwart.
Michael Shire (Hebrew College Boston) hat die Sedererzählung und die Bilder für diese Ausgabe kommentiert. Seine Erläuterungen ermöglichen einen frischen Zugang zu der Geschichte von der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei und dem Auszug aus Ägypten und zu dem Ritual, das wir gemeinsam begehen. Mitgewirkt an dieser schönen Ausgabe haben außerdem keine Geringeren als die Rabbiner Walter Homolka (Rektor des Abraham Geiger Kollegs), Andreas Nachama (Leiter der Stiftung Topographie des Terrors) und Jonah Sievers (Landesrabbiner von Niedersachsen), der die Haggada dankenswerter Weise in lateinische Buchstaben transliteriert hat – für alle jene, die die hebräischen Zeichen nicht oder nicht schnell genug lesen können. Annette Boeckler (Leo Baeck College London) hat sie außerdem ins Deutsche übersetzt und Noga Hartmann (Direktorin der Heinz-Galinski-Schule Berlin) hat das Projekt beratend begleitet.
Doch nicht nur die Transliteration und die (Neu-)Übersetzung machen diese Haggada zu etwas ganz Besonderem. Illustriert ist sie nämlich mit farbenprächtigen Reproduktionen mittelalterlicher illuminierter Haggadot aschkenasischer und sefardischer Herkunft aus der berühmten Sammlung der British Library in London.
Die jüngste, die Aschkenasi-Haggada, entstand um 1460/75 in Norditalien, gestaltet und kalligrafiert wurde sie von dem in Köln geborenen Josef Ben Simeon Feibusch. Sie bereitet das Pessach-Ritual, die vier Fragen, vor.
Die Barcelona-Haggada mit ihren Ranken, Tieren und Fabelwesen entstand Mitte des 14. Jahrhunderts und illustriert das Ritual (aus ihr stammt auch unser Titelbild).
Bilder aus der Goldenen Haggada – sie wurde um 1320 ebenfalls in Barcelona geschaffen und jedes Bild in ihr ist viergeteilt, jede Szene wurde auf Blattgold gemalt – stellen schließlich Episoden der Auszugsgeschichte und die zehn Plagen dar. Ferner gibt es Abbildungen aus der um 1300 in Kastilien entstandenen spanisch-maurischen Haggada, aus der sephardischen Schwester-Haggada und aus der im 14. Jahrhundert in Katalonien geschaffenen Bruder-Haggada.
Bei jedem Umblättern weht uns der Hauch der Geschichte an. Auch die abgenutzten, mit Wein bespritzten Seiten sind ein Tribut an die vielen Sederfeiern, zu denen Generationen von Juden diese Haggadot gelesen haben. Schön, dass sie jetzt, in einen alten neuen Zusammenhang gestellt, neu wirken können.
JK
_Die Pessach Haggada. Hg: Michael Shire, Walter Homolka, Andreas Nachama, Jonah Sievers. 64 Seiten, Hentrich & Hentrich 2013, 24,90
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