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Chanukkaparty voller Erfolg
09.Dezember 2010 | Pressemitteilung | Kultur
Berlins israelisch-jüdische Community feierte Chanukka - mit hebräischem HipHop und "Funky Jiddish Tunes"
Eine Gruppe Israelis wartet schlotternd vor Kälte an der Tür. Es herrscht großer Andrang um 23Uhr vorm Roadrunner's-Club in der Saarbrücker Straße in Prenzlauer Berg. Es ist Samstagnacht, die Nacht der großen Chanukka-Party zum achttägigen jüdischen Lichterfest, das heute zu Ende geht. Die israelische Soul-Sängerin Karolina hat sich angekündigt. "Was geht'n da drinnen ab", will einer wissen, der zufällig zur wartenden Gruppe stößt.
Andy und sein Kumpel sind offensichtlich nicht eingeweiht. Ein junger Israeli erklärt ihnen, dass es sich hier um eine jüdische Party handelt und dass Karolina der Haupt-Act sei. "Die ist super", schwärmt er. Das Konzert dürfe er keinesfalls verpassen. Dann öffnet ein breitgebauter Security-Mann die Tür und begrüßt alle auf Hebräisch mit "Ma ha-inyanim". Was soviel heißt wie "Was geht ab!"
Drinnen warten einige vor dem Pfannkuchen-Stand links vom Eingang oder drängen sich an der Bar. DJ Yuriy Gurzhy von der Russendisko legt auf:
Balkan-Beats mit Klezmer-artigen Bläsern, gefolgt von hebräischem HipHop und einer Electro-Version von "Wenn ich einmal reich wär ..." Kaum einer, der bei seinen "Funky Jiddish Tunes" ruhig stehen bleibt.
Über dem Tresen hängt ein Schild eines Rock & Motor Clubs. Das Roadrunner's sieht aus wie der Titty Twister in der Splatter-Komödie "From Dusk Till Dawn": Totenköpfe mit Hut stehen auf den Regalen hinter der Theke, daneben die schnellste Maus von Mexiko und jede Menge Ölkanister. Ein seltsamer Ort für ein jüdisches Fest. Wobei die ausgedienten Kanister fast schon wieder passen. Denn bei Chanukka dreht sich alles um flüssiges Gold.
Die Geschichte geht zurück bis ins Jahr 164 vor Christus. In deren Mittelpunkt steht der Tempel in Jerusalem, der nach langer Besetzung wieder eingeweiht werden sollte. Für die Lichter der Tempel-Menora gab es nur einen Krug geweihtes Öl - das reichte höchstens für einen Tag. Wie durch ein Wunder erwies sich die kleine Menge als besonders ergiebig. Das heilige Licht brannte acht Tage lang - der Grund, warum Juden zu Chanukka viel in Öl Gebackenes essen, wie eben Pfannkuchen oder Kartoffelpuffer. "Deswegen stinken wir hier alle wie in einer Pommesbude", sagt Margarita Bardich und lacht.
Die Kulturdezernentin von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin steht im kleinen Kreis an der Bar und beobachtet das bunte Treiben. Auch ihre Kollegin Maya Zehden ist da, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit. Sie erzählt, dass die Gemeinde die Party durch Werbung auf der Homepage und in der Gemeindezeitung unterstützt. Denn für die Zielgruppe um die 25 gebe es ansonsten nur wenig Angebote. Organisiert wird das Fest von ISreal, einem Projekt, das sich um den Austausch israelischer Musiker kümmert. Dank ISreal ist Karolina an diesem Abend da, die nun endlich die Bühne betritt.
Man merkt am Beifall, dass unter den jüdischen Gemeindemitgliedern viele Israelis sind, die die Sängerin aus ihrer Heimat kennen. Auch Andy klatscht, angesteckt von der Euphorie der anderen. Begleitet wird Karolina von DJ Sabbo, der sich mit Laptop auf der Bühne postiert. Er spielt Electrobeats, getragen von einem schleppenden Dub-Sound. Ihre soulige Stimme ist eine Wucht. Mit ihrem krausen Haar, das sie mit einem dicken Wollschal bändigt, und dem unförmigen Hemdkleid sieht sie ein bisschen afrikanisch aus. Und so klingt auch ihre Musik - eine Mischung aus Reggae und Dub, mal mit Bläsern unterlegt, dann wieder trip-hoppig in bester Portishead-Manier. So was hört man selten in Berlin. Eine gute Stunde dauert das Konzert, dann verlässt sie die Bühne unter tobendem Applaus. Jetzt ist DJ Ree Doo aus Brüssel an der Reihe. Mit seiner Musik knüpft an die von Karolina an: Afro-Beats, die nach und nach immer sphärischer werden. Zum Schluss spielt er Psychedelic-Sounds, als ob er Resident im Roadrunner's wäre. Der Abend war für alle ein voller Erfolg. Und auch Andy will beim nächsten Mal wieder dabei sein. Als er gegen 3Uhr als einer der letzten die Party verlässt, trägt er sich in die Newsletter-Liste ein.
Vielleicht geht er ja schon zur Meschugge-Party am Sonnabend im ZMF. Afro-Beats wird er dort zwar kaum hören, dafür hebräische Schlager, Oriental-Pop und 80er-Jahre-Hits. Seit drei Jahren veranstaltet der Israeli Aviv Netter einmal im Monat seine "unkoschere" Disco-Nacht im ZMF. Passend zum Fest lautet diesmal sein Motto: Chanukka versus Christmas. Dabei lässt er nicht nur die Feiertage beider Weltreligionen gegeneinander antreten, sondern auch die beiden Diven Mariah Carey und Barbra Streisand. Wie genau das aussehen wird, verrät er nicht. Nur, dass der Kampf am DJ-Pult stattfindet: Santiago, ein katholischer DJ, gegen den Juden Netter alias DJ Aviv-without-the-Tel. Im Repertoire haben sie ihre Lieblingssongs zum Fest aus ihrer Kindheit. "Damit die Sache nicht zu langweilig wird, spielen wir nur Dance-Versionen", erzählt Netter.
Wolfgang Altmann
Berliner Zeitung, 9.12.2010
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Meschugge - The unkosher jewish Chanukka versus Christmas Night: Sa, 23Uhr, ZMF, Brunnenstr.3, Mitte. 8Euro
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