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Chanukka

03.Dezember 2012 | Beiträge – jüdisches berlin | Feiertage

– Fest des Judentums

Alle Feste Israels haben ihre eigene Bedeutung und ihr besonderes Wesen. Pessach ist das Fest der Freiheit. Im Festtagsgebet sagen wir über die Zeit des Pessachfestes: »Zeit unserer Freiheit«, denn da zog das Volk Israel aus der Knechtschaft in die Freiheit. Sukkot wird »Zeit unserer Freude« genannt, denn über diese Zeit steht geschrieben: »Du sollst dich freuen an deinem Fest« (Dwarim 16:14). Wir freuen uns in der Sukka und wir freuen uns an Simchat Tora. Wir freuen uns über die materielle Fülle der Erntezeit und geben dieser Freude eine geistige Richtung. Schawuot ist die »Zeit der Gabe unserer Tora«. An diesem Fest offenbarte sich der Ewige am Berg Sinai und gab dem Volk Israel die Tora.

Wollen wir das Wesen des Chanukkafestes definieren, so können wir sagen, dass Chanukka die »Zeit unseres Judentums« ist. Wir feiern Chanukka, indem wir die Chanukkalichter zünden, Hallel sagen und dem Ewigen dafür danken, dass er uns aus der Hand der Hellenisten rettete, die uns geistig vernichten wollten. Damals zwang man die Juden, auf das Horn des Ochsens zu schreiben: »Wir haben keinen Anteil an dem G’tt Israels« – Werbung gegen den Ewigen, so wie auch die Kommunisten den Juden in den ehemaligen Sowjetstaaten ihren Glauben an den G’tt Israels nehmen wollten. Chanukka, unsere Weisen bzw. die Makkabäer lehren uns drei bedeutende Elemente unseres Judeseins:

Jude sein heißt glauben und verstehen, dass wir nicht allein in der sichtbaren Realität leben – wir sind keine »Wirklichkeitsmenschen«. Hätte Jehuda Makkabi seine Schritte ausschließlich nach realistischen Kriterien erwogen, hätte er den Aufstand nicht begonnen. Viele Juden dachten, dass der Aufstand keinerlei Chance hätte und schlossen sich ihm erst an, nachdem er Siege errungen hatte. Unsere Existenz als ein seit der Tempelzerstörung schon zweitausend Jahre in der Diaspora lebendes Volk zeigt, dass wir die sichtbare Realität übersteigen. Das Volk Israel lebt außerhalb naturbedingter und historischer Wahrscheinlichkeiten. Wir verbinden die unmittelbaren Gegebenheiten mit unserem Glauben an den Ewigen. Auch David Ben Gurion war kein Realist, als er 1948 die Errichtung des Staates Israel ausrief – Israel war von allen Seiten von feindlichen arabischen Armeen umzingelt, die den Staat vernichten wollten. Die Aussicht auf einen Sieg schien hoffnungslos. Doch das Volk Israel hat Kräfte, die sich nicht natürlich erklären lassen.

Chanukka mit Rabbiner Ehrenberg

Chanukka mit Rabbiner Ehrenberg

Jude sein bedeutet ferner: anders sein, bereit sein, anders zu leben, mit unseren eigenen Traditionen – auch wenn die Völker darüber spotten. Wir haben den Beschneidungsbund, Speisevorschriften, Schabbat usw. Die Makkabäer kämpften gegen Assimilation. Sie stritten für unsere wunderbare Tradition gegen die hellenistische Kultur, die von ihren Protagonisten für die schönste und beste gehalten wurde. Leider schämten sich manche Juden ihres Judentums und schlossen sich in ihrem Anpassungsbedürfnis den Hellenisten an. Wir brauchen uns nicht zu schämen, anders als unsere Nachbarn zu sein. Im Gegenteil, wir können stolz auf unser Judentum und die Tradition unserer Väter sein.

Jude sein beinhaltet auch, stets nach oben zu streben und sich zu heiligen. Nicht auf der Stelle stehen bleiben! Unsere erhabene Seele ruht nicht, sie will sich immer weiter erheben. Dementsprechend beginnen wir in der ersten Nacht von Chanukka eine Kerze zu zünden, in der zweiten nehmen wir zwei und fügen jeden Tag eine Kerze hinzu, bis es am achten Tag acht Lichter sind, denn »man verfährt aufsteigend bei Heiligem«. Wir müssen immer danach streben, etwas mehr zu tun. Es heißt: »Wer wird steigen auf den Berg des Ewigen und wer wird stehen an seiner heiligen Stätte« (Psalm 24:3). Wir sollen uns immer auf dem Weg nach oben befinden. Das ist das Symbol der Chanukkaflammen. Chanukka entspricht dem Körper und die Flamme ist wie die Seele, die danach strebt, immer weiter nach oben zu steigen.

Rabbiner Yitshak Ehrenberg,

Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin