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Bildungssenatorin im Dialog mit Gemeindemitgliedern
01.Dezember 2023 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde, Politik
Am 24. Oktober fand im Jüdischen Gemeindehaus im Rahmen der Gesprächsreihe »Die Juden sind an allem schuld! Antisemitismus im Alltag« eine Expertendiskussion über Israelfeindlichkeit und Antisemitismus an Berlins Schulen statt – angesichts des Pogroms vom 7. Oktober und der darauffolgenden antisemitischen Vorkommnisse eine besondere Herausforderung.
Zu Beginn der Veranstaltung mit Prof. Dr. Julia Bernstein, Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Science, und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, hatte der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, zu einer Schweigeminute für die Opfer des Hamas-Terrorangriffs vom 7. Oktober aufgerufen.
Der Gemeindevorsitzende, Dr. Gideon Joffe, berichtete, dass von den jüdischen Schülern an den weiterführenden jüdischen Schulen etwa »100 aufgrund von antisemitischen Anfeindungen wechselten, ein weiteres Drittel solche Übergriffe befürchteten und eigentlich ‚nur‘ das letzte Drittel aus vollster Überzeugung zur jüdischen Schule käme und stellte fest: »Wir beherbergen 200 Flüchtlinge von öffentlichen Schulen«.
In ihrem Impulsvortrag räumte die Senatorin ein, dass es Versäumnisse bei der Bekämpfung des Antisemitismus im Bildungsbereich gegeben habe, sagte aber zu, diese anzugehen. Denn, so die Senatorin, »der Hass gegen Israel, der Hass gegen Jüdinnen und Juden, insbesondere an unseren Schulen, aber grundsätzlich in Berlin, darf nicht gewinnen. Und ich bin überzeugt, er wird nicht gewinnen!« Danach stiegen Senatorin Günther-Wünsch und Dr. Julia Bernstein – sie verfasste die erste wissenschaftliche Studie zu Antisemitismus an deutschen Schulen – in das von Sigmount Königsberg moderierte Gespräch ein. Auf die Frage, warum nichts geschehe, wenn Israel von Schulkarten getilgt werde, antwortete die Senatorin, dass zum einem viele Pädagogen sich scheuten, hier zu intervenieren, aber auch, dass viele Angst hätten, denn es sei des Öfteren zu Gewaltandrohungen gekommen, insbesondere nach dem Pogrom am 7. Oktober. Um das für viele Beteiligte hochemotionale Thema »Nah-Ost-Konflikt« am besten zu behandeln, wird überlegt, diese Aufgabe externen Teams zu übertragen, die nicht mit der Notenvergabe befasst sind. Bernstein sieht hierin Forschungsergebnisse bestätigt, wonach zwar vergangene Erscheinungsformen des Antisemitismus erkannt werden, nicht aber die aktuelle. Dieses Phänomen schlägt sich dann auch auf die aktuelle pädagogische Arbeit nieder. Beunruhigend sei dabei vor allem, dass es immer mehr akzeptiert wird, sowohl die Existenz des Staates Israel als auch die Selbstverständlichkeit des jüdischen Daseins in Deutschland zu negieren.
Königsberg fragte, wann es absehbar sei, dass sich jüdische Kinder nicht mehr gezwungen sähen, öffentliche Schulen zu verlassen. Günther-Wünsch räumte zum einem ein, dass die – eigentlich verpflichtenden – Meldeketten nicht funktionierten und kündigte zum anderem an, dass Antisemitismus verpflichtender Bestandteil der Lehreraus- und Fortbildung werde. Es werde aber keine schnellen Erfolge geben, man habe einen langen Weg vor sich.
Bernstein wies darauf hin, dass in der deutschen Gesellschaft der Antisemitismus-Vorwurf schwerer wiege als Antisemitismus selbst und dass dessen Benennen sehr schnell zum Vorwurf der Nestbeschmutzung führe. Zudem gäbe es noch viele, nicht aufgearbeiteten Lücken in den Familiennarrativen.
Am Ende der Veranstaltung, bei der nur ein Bruchteil der Fragen aus dem Publikum beantwortet werden konnte, sagte die Senatorin eine Fortsetzung des Dialogs mit der Gemeinde zu.
Zusammenfassend konnte Königsberg feststellen, dass er die Hoffnung habe, dass das bisherige Laisser-Faire ein Ende habe und dass langfristig Antisemitismus im Bildungswesen systematisch angegangen wird. Ein Zeichen – nicht mehr - angesichts des derzeit grassierenden Judenhasses.
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