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Arno Nadel: »Schire Simroh«
01.Oktober 2021 | Beiträge – jüdisches berlin | Kultur
Kantor Isodoro Abramowicz, Organist Jakub Stefek und der Chor der Synagoge Pestalozzistraße haben eine CD mit liturgischen Gesängen des fast vergessenen Komponisten Arno Nadel aufgenommen
Arno Nadel war ein Multitalent: Dichter, Philosoph, Bühnenautor, Religionsgelehrter, Übersetzer, Maler, Komponist, Musik- und Literaturwissenschaftler, Dirigent, Organist, Musikpublizist – Berufe und Berufungen, die er mit höchster Professionalität ausübte. Er wurde 1878 in Wilna geboren, war ab 1916 Leiter des Chors und Kantor an der Synagoge am Kottbusser Ufer und erhielt 1923 von der Berliner Jüdischen Gemeinde den Auftrag eine Anthologie der Synagogenmusik zusammenstellen, ein Riesenwerk, das er 1938 abschloss und das wie die meisten seiner Kompositionen verschollen ist. Nach der Pogromnacht wurde er für mehrere Wochen im KZ Sachsenhausen inhaftiert, mussste dann mit seiner Frau in ein »Judenhaus« umziehen und ab 1942 Zwangsarbeit in der Bibliothek des Reichssicherheitshauptamtes leisten. Nadel wurde am 12. März 1943 zusammen mit seiner Frau Anna nach Auschwitz deportiert und ermordet. Ein Rest seines musikalischen Nachlasses befindet sich heute in der Schreiber Jewish Music Library in Philadelphia und in der National Library of Israel.
Nach langen Recherchen hat Isidoro Abramowicz nun zusammen mit Jakub Stefek und dem Chor der Synagoge Pestalozzisttraße mit Unterstützung der Jüdischen Gemeinde, der Synagoge Pestalozzistraße und der Universität Potsdam eine CD herausgebracht, die das Werk Arno Nadels würdigt. Sie beinhaltet fünf Kompositionen für Chasan, Chor und Orgel für den Freitagabend-Gottesdienst von 1926. Zusätzlich befindet sich das Stück J’hi Scholom auf der CD, ein Stück für Chasan, Chor und Orgel, das Arno Nadel zur Einweihung des Friedenstempels in Berlin komponiert hat. Der Psalm 24, herausgegeben zum 70. Geburtstag von Moritz Schaefer 1927, ist eine a cappella Komposition für Männerchor mit Kantorsolo, die für die Liturgie der Toralesung geschrieben wurde. Drei Solo-Orgelvorspiele umrahmen diese Aufnahme. Das erste für die Hohen Feiertage wurde nach den liturgischen Motiven von Bar’chu und Hamelech zum Abend- und Morgengebet komponiert. Das mittlere Vorspiel für die drei Wochen vor Tisch’a B’Av, die traurigsten Wochen des jüdischen Volkes, an denen beide Tempel in Jerusalem zerstört wurden, basiert auf den Motiven der Liturgie für die Tage, an denen die Kinnot rezitiert werden – liturgische Gedichte, die die Leiden des Volkes Israels im Exil beschreiben, sowie aus den Klageliedern von Jeremia, die die Trauer und den Schrecken der Zerstörung beschreiben.
Das abschließende Stück eröffnet den letzten Teil des Jom Kippur-Gottesdienstes am Versöhnungstag. Es trägt den Namen »Neilah« und entspricht dem Gebet, das vor dem Schließen der Tempeltore in Jerusalem an Ende des Tages gesprochen wurde.
Isidoro Abramowicz studierte Musik an der Nationalen Universität von Buenos Aires und spezialisierte sich auf Klavier und Didaktik. Seine parallelen Studien in Chorleitung und Gesang führten ihn nach Deutschland, wo er studierte und auftrat, bevor er sein Kantorenstudium am Abraham Geiger Kolleg und an der Universität Potsdam aufnahm. Sein erstes Engagement als Kantor war an der Großen Synagoge von Stockholm. 2017 übernahm Kantor Abramowicz die Leitung der Kantorenausbildung am Abraham Geiger Kolleg. Seit 2019 ist er Hauptkantor der Synagoge Pestalozzistraße.
Dr. Jakub Stefek schloss 2015 sein Orgelstudium an der Fryderyk-Chopin-Universitä für Musik in Warschau ab. 2021 promovierte er in Breslau. Er ist Mitarbeiter des Lehrstuhls für Kirchenmusik, Komposition und Musiktheorie an der Kunstakademie in Stettin, wo er Orgel, Kammermusik und liturgische Begleitung unterrichtet. Jakub Stefek ist an vielen Aktivitäten im Bereich der jüdischen Orgelmusik engagiert. Seit 2020 arbeitet er kontinuierlich für die Jüdische Gemeinde zu Berlin als Organist der Synagoge Pestalozzistraße.
Arno Nadel, Isidoro Abramowicz, Chor der Synagoge Pestalozzistraße, Jakub Stefek, Thomas Bößl: Schire Simroh. Liturgische Gesänge, 2021, ISBN: 978-3-86956-515-6, 15,99 €. Die CD ist über den Universitätsverlag Potsdam und den Fachhandel erhältlich: https://shop.verlag.uni-potsdam.de/shop/schire-simroh/
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