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»Allerlei Schnickschnack für Kinder«
01.Dezember 2012 | Beiträge – jüdisches berlin | Gedenken
Zum 150. Geburtstag der Berliner Kinderdichterin Paula Dehmel
Viele ihrer Gedichte gelten heute als Volkslieder, wie das Gutenachtliedchen: »Leise, Peterle, leise, / der Mond geht auf die Reise, / er hat ein weißes Pferd gezäumt, das geht so still, als ob es träumt, / leise, Peterle, leise.«
Vor 150 Jahren, am 31. Dezember 1862, wurde die Kinderdichterin Paula Dehmel in Berlin als Tochter des Predigers der Berliner jüdischen Reformgemeinde, Julius Oppenheimer, geboren. Über ihren Bruder, den später bedeutenden Arzt, Sozialreformer und Zionisten Franz Oppenheimer (1864–1943), lernte sie Richard Dehmel (1863–1920), damals noch ein unbekannter Student, kennen. Dehmel sollte später zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikern und Schriftstellern zählen. Sie liebte vor allem seine Gedichte und ermutigte ihn, diese zu veröffentlichen. Rückwirkend bekannte Dehmel in einem Brief 1899, Paula habe ihn »doch erst zum Menschen gemacht.« Unmittelbar nach der Geburt ihrer ersten beiden Kinder begann Paula, Kindergedichte zu schreiben. Gemeinsam mit Richard arbeitete sie an dem Kinderbuch »Fitzebutze. Allerlei Schnickschnack für Kinder«, das 1900 erschien und Begeisterung hervorrief. Es erlebte über Jahrzehnte zahlreiche Neuauflagen, zuletzt 1976 in einer Faksimile-Ausgabe.
Das Paar, das inzwischen drei Kinder hatte, trennte sich 1899 nach einer problematischen Ehe. Richard Dehmel heiratete die ebenfalls jüdische Lyrikerin und Frauenrechtlerin Ida Coblenz-Auerbach. Paula Dehmel widmete sich weiterhin der Kinderliteratur und verfasste Märchen, Geschichten und Gedichte – aus der Perspektive des Kindes, ohne erhobenen Zeigefinger. 1903 veröffentlichte sie ihr erstes eigenes Buch »Rumpumpel. Ein Buch für Mütter und ihre Kleinsten«, das vor zwei Jahren wieder neu aufgelegt wurde. Erich Mühsam lobte das Werk im »Führer durch die moderne Literatur« (1906): »Sie weiß Töne anzuschlagen, die in der Seele der kleinen Kinder wiederklingen, indem sie mit dem Kinde in dessen eigener, unbeholfener Sprache lallt und die Sprache ins Kindlich-Lispelnde übersetzt. Wieviel mehr sie in dieser durchaus nicht zu unterschätzenden Kinderkunst als Pädagoge und als Spielkamerad der Kleinen leistet als Richard Dehmel, wird ersichtlich, wenn man den neuerdings von ihr allein verfassten ‚Rumpumpel‘ betrachtet, oder im ‚Buntscheck‘ ..., diese mit denen des ‚Zwei Menschen‘-Dichters vergleicht.«
Paula Dehmel avancierte zu einer der gefragtesten Kinderautorinnen. Ihre Bücher erfuhren auch nach ihrem Tod 1918 eine große Verbreitung, Komponisten vertonten ihre Verse, ihre Gedichte und Texte wurden in Kindergärten gelesen und fanden Eingang in die Schulfibeln. Obwohl ihre Bücher während der Nazizeit nicht mehr erschienen, ist Paula Dehmels Werk nicht der Vergessenheit anheim gefallen. Bis heute werden ihre Gedichte und Lieder im Kindergarten gesungen, ihre Bücher verlegt, ihre Rätsel geraten:
Ich habe Flügel, rate Kind, / doch flieg ich nur im Kreise, / und singen tu ich, wenn der Wind / mir vorpfeift, laut und leise, / was ihr den Feldern abgewinnt, / kau ich auf meine Weise, / doch was mir durch die Kehle rinnt, / das mundet euch als Speise.
Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel in der Parkstraße 56 in Pankow an die Schriftstellerin, die von 1893 bis 1899 mit ihrer Familie dort wohnte. In Wedding ist eine Grundschule nach ihr benannt.
Lara Dämmig
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