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Aktuelles - Prüfung der Anträge für Neuwahl 2013
28.Januar 2014 | Redaktioneller Beitrag | Gemeinde, Politik
Sehr geehrte Gemeindemitglieder,
am 16.12.2013 erreichte das Präsidium ein Antrag auf vorzeitige Neuwahlen für unser Gemeindeparlament nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin (JGzB).
Dieser lautet wie folgt:
(1) Die Amtsperiode endet vorzeitig, sofern …
3. mindestens ein Fünftel der wahlberechtigten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin beim Vorsitzenden der Repräsentantenversammlung einen Antrag auf Neuwahlen stellen. Die Überprüfung dieses Antrages ist binnen 60 Kalendertagen abzuschließen.
Mit der Antragstellung haben unsere Gemeindemitglieder von ihrem satzungsgemäßen Antragsrecht Gebrauch gemacht. Nunmehr bin ich als Vorsitzender der Repräsentantenversammlung dazu verpflichtet, den Antrag satzungsgemäß zu prüfen.
Nach einer wohl einjährigen Sammelaktion erfolgte die Einreichung der Antragszettel leider zu einem unter organisatorischen Gesichtspunkten unglücklichen Zeitpunkt, da aufgrund der Betriebsferien der Mitarbeiter der JGzB im Dezember und Januar dem Präsidium ein Prüfungszeitraum von über zwei Wochen abgeschnitten wurde.
Nichtsdestotrotz sind wir zuversichtlich, dass uns die Beendigung des Prüfungsverfahrens und die Verkündung des Ergebnisses innerhalb der faktischen 60-Tage-Frist bis zum 13.02.2014 gelingen wird. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern herzlich bedanken, die durch die eine oder andere „Nachtschicht“ eine zügige Organisation des Prüfungsverfahrens ermöglicht haben.
Nunmehr zu den objektiven Feststellungen: Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren 9122 Gemeindemitglieder wahlberechtigt. Von den 1904 eingereichten Antragszetteln des Neuwahlbegehrens müssten demnach mindestens 1824 gültig sein, um eine Neuwahl zu bewirken.
Bei der eingeleiteten Vorprüfung wurden zunächst insgesamt 76 Gemeindeaustritte, Fortzüge, Todesfälle, Nichtmitglieder und Minderjährige ausgesondert.
Ferner tauchten nach grober Vorprüfung 22 weitere unklare Fälle auf. Bei diesen Zweifelsfällen bestehen unter anderem Diskrepanzen im Hinblick auf die Adressen oder die Namen, welche auf den Antragszetteln des Neuwahlbegehrens eingetragen waren. Eine Abgleichung mit der Mitgliederdatei führte hierbei zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Einige Beispiele
In der Mitgliederdatei der JGzB ist verzeichnet ein:
Herr Max Mustermann, Musterstr. 7, 10777 Berlin
Ein Antragszettel wurde abgegeben auf den Namen:
Joachim Mustermann, Musterstr. 7, 10777 Berlin
Oder ein Antragszettel wurde abgegeben auf den Namen:
Joachim Mustermann, Münsterstr. 7, 10777 Berlin
Auch sind unter den Zweifelsfällen „doppelte“ Antragszettel vorhanden.
Beispiel:
In der Mitgliederdatei der JGzB ist verzeichnet eine:
Frau Erika Mustermann, Musterstr. 7, 10777 Berlin
Zwei Antragszettel wurden abgegeben auf die Namen:
Frau Elise Mustermann, Musterstr. 7, 10777 Berlin
Frau Erika Münstermann, Musterstr. 7, 10777 Berlin
Darüber hinaus erreichten uns Antragswiderrufe von insgesamt 5 Antragstellern.
Damit müsste die Neuwahlinitiative, streng genommen, bereits nach der ersten groben Vorprüfung für gescheitert erklärt werden, da die notwenige Anzahl gültiger Stimmen wegen nicht eindeutig einzelnen Gemeindemitgliedern zuordenbarer Antragszettel nicht erreicht wurde.
Um die Initiative im Interesse unserer Gemeinde jedoch nicht schon an den in der ersten Prüfungsrunde festgestellten Unklarheiten scheitern zu lassen, entschied das Präsidium, die genannten 22 Zweifelsfälle und 5 Widerrufe zunächst nicht zu den ungültigen Stimmen zu zählen, sondern weitere Nachforschungen zwecks satzungsgemäßer Überprüfung des Gesamtergebnisses anzustellen.
Weiterhin ist problematisch, dass die Antragszettel der Neuwahlinitiative in der russischen Übersetzung eine Abweichung von dem deutschen Text aufweisen. Im Deutschen heißt es „Ich beantrage Neuwahlen…“.
Im russischen Text hingegen heißt es sinngemäß: „Ich bekunde meine Unterstützung der Neuwahlinitiative“. Eine Unterstützung ist jedoch nicht mit einem Antrag auf ein Neuwahlbegehren gleichbedeutend. Vielmehr kann eine Unterstützung auch im Sinne der Bekundung des Willens von moralischer oder finanzieller Unterstützung verstanden werden. Folglich kann die ungenaue Übersetzung für Gemeindemitglieder, die sich nur an der russischen Fassung orientierten, einen Willensmangel im Hinblick auf die Stimmabgabe verursacht haben.
Es kommt hinzu, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Initiatoren der Neuwahlinitiative oder Dritte eventuell über vertrauliche Adressdaten von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin verfügen. Anders kann nach unserer Einschätzung kaum erklärt werden, dass zahlreiche Gemeindemitglieder offenbar Post von der Neuwahlinitiative bekommen haben. Darunter auch Personenkreise, bei denen mittlerweile bekannt ist ist, dass diese nicht über Facebook, per E-Mail oder bei einem der Neuwahlinfotreffen von sich aus Kontakt zu den Initiatoren gesucht haben.
Das Präsidium hat den federführenden und juristisch verantwortlichen Neuwahlinitiator Micha Guttmann mehrmals angeschrieben und auch bei einer RV-Sitzung gebeten, zur potentiellen Erlangung von Adressdaten von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Stellung zu nehmen. Leider erfolgte auf diese Anfragen hin bisher keine inhaltlich hinreichende Antwort.
Sollte die Neuwahlinitiative tatsächlich nicht über die vollständigen Adressdaten von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin verfügen, so ist dennoch nicht auszuschließen, dass vereinzelt (auch dem Neuwahlbegehren) unbekannte Unterstützer der Initiative Kenntnis von einzelnen Mitgliedsdaten erlangt haben und ggf. sogar Anträge im Namen dritter Personen ausgefüllt und den Initiatoren zugeschickt haben.
Die Gesamtheit der obigen Sachverhalte bewegte das Präsidium dazu, eine telefonische Stichprobenbefragung einzelner Antragsteller durchzuführen. Diese ergab nachweislich, dass fast 20 Prozent der Befragten angaben, nicht für das Neuwahlbegehren unterschrieben zu haben.
Trotz dieser weiteren Unklarheiten wurde beschlossen, der Neuwahlinitiative, dennoch die Möglichkeit einzuräumen, das Neuwahlbegehren zum Erfolg zu führen.
Aufgrund der beschriebenen Faktenlage wurde entschieden, insgesamt 1833 mutmaßliche Antragssteller in einem notariell beaufsichtigten Verfahren anzuschreiben und um Bestätigung ihres auf Neuwahlen gerichteten Antrags zu bitten. Denn nur auf diese Weise kann mit hoher Wahrscheinlichkeit sichergestellt werden, dass die erforderliche Anzahl an wahlberechtigten Gemeindemitgliedern auch tatsächlich einen auf Neuwahlen gerichteten Antrag im satzungsgemäßen Sinne unterstützt hat.
Wir halten ein solches Verfahren unter Beachtung der Satzung und des mit ihr verfolgten Zwecks für transparent und fair. Es schafft die erforderliche Klarheit und ist geeignet, die bei der Vorprüfung entstandenen Bedenken entweder zu bestätigen oder zu beseitigen. Diese Transparenz dürfte aufgrund der Bedeutung des Neuwahlbegehrens gerade auch im Interesse der Initiatoren liegen. Die Überprüfung der abgegeben Stimmen hat zudem den Vorteil, dass ein Einwirken Dritter auf das Ausfüllen der Prüfformulare faktisch ausgeschlossen werden kann. Nach Rücksendung der Prüfformulare kann eine Verifizierung anhand eines Vergleiches der eigenhändigen Unterschriften des Prüfzettels mit den Unterschriften der Antragszettel der Neuwahlinitiative erfolgen. Ebenso können die weiteren Daten des Prüfformulars mit den Antragszetteln der Neuwahlinitiative und der Mitgliederdatei der JGzB abgeglichen werden.
Jedes Formular ist mit einer individuellen Prüfungsnummer versehen und damit vor Fälschungen geschützt. Die Öffnung der Post erfolgt nach Beendigung der Rücksendefrist durch einen Notar. Dieser hat die insgesamt fünf Schlüssel der Post-Urne in seinen Gewahrsam genommen.
Dieses transparente Prozedere verstehen wir als Handreichung an die Neuwahlinitiative.
Michael Rosenzweig
In eigener Sache
In der Februar-Ausgabe des „Jüdischen Berlin“ hatte das Präsidium der Repräsentantenversammlung im Editorial über die satzungsgemäß zu prüfenden Neuwahlanträge berichtet. Hierbei haben wir u.a. Bezug auf einen Online-Artikel der „Jüdische Allgemeine“ aus der 4. Kalenderwoche 2014 genommen, in der berichtet worden war, Herr Benno Bleiberg habe als Rechtsanwalt geprüft, ob die Antragsteller Mitglieder der Jüdischen Gemeinde seien. Diese Berichterstattung der „Jüdische Allgemeine“ ist unzutreffend und mittlerweile korrigiert. Richtig ist, dass der Rechtsanwalt und Notar Benno Bleiberg sowohl der „Jüdische Allgemeine“ als auch uns mitgeteilt hat, dass sich seine Tätigkeit in dem genannten Zusammenhang darauf beschränkt hat, als Notar beglaubigte Kopien aller Antragszettel anzufertigen. Eine inhaltliche Prüfung der Antragszettel oder Unterschriften bzw. deren Zuordnung zu Mitgliedern der Gemeinde hat nicht stattgefunden.
jüdisches berlin
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